Neuer Aldi-Rivale entsteht:Edeka kauft Plus

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Paukenschlag auf dem deutschen Lebensmittelmarkt: Edeka kauft den Discounter Plus - und schmiedet einen Mammutrivalen für Aldi und Lidl.

Stefan Weber

Die Kräfteverhältnisse im deutschen Lebensmittelhandel verschieben sich. Branchenführer Edeka und die Tengelmann-Gruppe bündeln ihre Aktivitäten im Discount und kündigen den Billiganbietern Aldi und Lidl den Kampf an. "Wir werden den Wettbewerbsdruck stark erhöhen'', verspricht Edeka-Chef Alfons Frenk.

Die Zeiten, in denen Aldi und Lidl den Takt auf dem deutschen Discountmarkt vorgegeben haben, sind möglicherweise bald vorbei. Die Mitbewerber Plus, eine Tochter des Mülheimer Familienunternehmens Tengelmann, und Netto, ein Ableger der Edeka-Gruppe, rücken zu einer starken Nummer drei unter den Billiganbietern zusammen.

Mit mehr als 4000 Läden ist ihr gemeinsames Filialnetz ähnlich dicht wie das von Aldi. Gemessen am Umsatz rangieren Plus und Netto mit knapp elf Milliarden Euro jedoch klar hinter dem Branchenführer, der in Deutschland etwa 27 Milliarden Euro erlöst. Lidl als Nummer zwei wird in diesem Jahr in 2800 Märkten etwa 12 Milliarden Euro umsetzen.

Seit Tengelmann im September angekündigt hatte, eine Mehrheitsbeteiligung an Plus abgeben zu wollen, hatten sich mit Edeka und Rewe die beiden größten Lebensmittelhändler ein Bietgefecht um den Discounter geliefert.

Rewe gehört mit seinen etwa 2000 Penny-Läden ebenfalls zu den führenden Discountanbietern und wollte dieses Geschäft über einen Einstieg bei Plus auf einen Schlag kräftig ausbauen. Allerdings galt die Kölner Handelsgruppe im Kampf um Plus rasch als Außenseiter - nicht zuletzt, weil sich die Filialnetze von Plus und Penny stark überschneiden.

Edeka und Tengelmann bringen ihre Discounttöchter Netto und Plus mit Wirkung vom 1. Mai 2008 in eine gemeinsame Gesellschaft ein. Deren Anteile werden zu 70 Prozent Edeka halten; Tengelmann ist mit 30 Prozent beteiligt.

Die Partnerschaft sei langfristig angelegt, betonten Edeka-Chef Frenk und Erivan Haub, der geschäftsführende Gesellschafter der Tengelmann-Gruppe. Zum Kaufpreis machten sie keine Angaben. Frenk zufolge ist der Eigentümerwechsel bei Plus die bisher größte Transaktion im deutschen Einzelhandel.

300 neue Märkte pro Jahr

"Wir wollen unser Discountgeschäft gemeinsam deutlich voranbringen", kündigten die Firmenchefs an. In jedem Jahr wollen sie 300 neue Märkte eröffnen und damit den Druck auf Aldi und Lidl spürbar verstärken. Ohne die Konkurrenten zu nennen, sagte Frenk voraus: "Der Druck im Markt wird deutlich steigen. Die Verbraucher können sich freuen."

Filialschließungen in nennenswertem Umfang werde es nicht geben, betonten Frenk und Haub. Dies sei nicht notwendig, weil sich die Standorte von Netto und Plus geographisch "ideal" ergänzten. Erste Gespräche mit dem Kartellamt haben nach Informationen aus der Branche bereits stattgefunden. Eine abschließende Beurteilung durch die Wettbewerbsbehörde erwarten die beteiligten Unternehmen in Kürze.

Das Zusammengehen von Netto und Plus wird auch für die Kunden der Discounter sichtbar werden. Zwar sollen beide Marken auch künftig im Markt vertreten sein.

Aber deren künftige Ausrichtung - Netto als großflächiger Discounter mit breitem Sortiment und Plus als eher kleiner Nachbarschaftsladen in Wohngebieten - machen zahlreiche Umbauten notwendig. Von den derzeit etwa 2900 Plus-Märkten werden 2100 auf das Konzept von Netto umgestellt; die übrigen 800 tragen auch künftig den Namen Plus.

Für die Umrüstung rechnet Edeka mit Kosten von 300 Millionen Euro in den nächsten zwei bis drei Jahren. Tengelmann-Chef Haub hatte in den Verhandlungen starken Wert darauf gelegt, dass die in den vergangenen Jahren mit großem Aufwand aufgebaute Marke Plus nicht untergeht.

Neben der Partnerschaft im Discount rücken Edeka und Tengelmann auch im Supermarkt-Geschäft zusammen. Beide Unternehmen wollen künftig gemeinsam einkaufen.

Das ist für das Familienunternehmen, das unter den Marken Kaiser's und Tengelmann 703 Supermärkte betreibt, deshalb wichtig, weil es mit dem Rückzug bei Plus erheblich an Einkaufsmacht verliert.

Einen Teil des Verkaufserlöses will Haub in die Modernisierung der Supermärkte investieren. Zudem soll die Expansion der ebenfalls zum Firmenverbund gehörenden Baumarktkette Obi in Osteuropa vorangetrieben werden.

© SZ vom 17.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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