Neue Umweltzonen:Neue Laster braucht das Land

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Anfang 2008 führen die ersten deutschen Städte Umweltzonen ein - und damit ein City-Fahrverbot für Autos mit hohen Schadstoffausstoß. Vor allem ältere Nutzfahrzeuge sind dann betroffen.

Susanne Kilimann

Handel und Handwerk schlagen Alarm. Anwohner profitieren. und Autobranche profitieren.

Die Bewohner einiger deutscher Innenstädte können aufatmen. Am 1. Januar 2008 weisen die ersten Städte - darunter Berlin, Hannover, Köln und Stuttgart - Umweltzonen aus.

Fahrzeuge mit sehr hohem Schadstoffausstoß dürfen dort nicht mehr fahren. Wie sauber ein Fahrzeug ist, können die Umweltzonen-Wächter an den farbigen Plaketten erkennen, mit denen Autos in vier Schadstoffklassen eingeteilt werden.

Einfahrt verwehrt

Für ein paar Euro Gebühr geben Werkstätten, Zulassungsstellen und Prüfbetrieben die Plaketten. Dreckschleudern, vor allem Dieselfahrzeugen, die noch nicht einmal die Euro 2 - Norm erfüllen und Benziner ohne geregelten Katalysator, wird das Umweltabzeichen und damit die Einfahrt in bestimmte City-Bereiche verwehrt.

Vor allem kleine Handwerksbetriebe und Einzelhändler sehen damit ein ernsthaftes Problem auf sich zurollen. Denn unter den Lasteseln von Klempnern, Gärtnern, Kurieren & Co finden sich jede Menge Altlasten: Viele Nutzfahrzeuge sind zehn Jahre und älter.

Von den rund zwei Millionen Transportern, die bundesweit im Einsatz sind, werden rund 40 Prozent keine Schadstoffplakette erhalten, hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ermittelt.

Strengerer Grenzwert für Stickstoffdioxid

Doch selbst wer 2008 die Voraussetzungen für die Plakette erfüllt, muss schon 2010 mit neuen Schwierigkeiten rechnen. Dann nämlich tritt auch ein strengerer Grenzwert für Stickstoffdioxid in Kraft. Viele Städte werden daher Fahrverbote noch weiter verschärfen - und voraussichtlich nur noch Autos mit der grünen Plakette in die Umweltzonen lassen.

Die Hersteller von Nutzfahrzeugen kann das nur freuen. In den nächsten Jahren dürften die neuen Fahrverbotsregelungen für ein deutliches Umsatzplus sorgen. Dass es schon seit Monaten rund läuft im Nutzfahrzeugsegment, führt der Verband der deutschen Automobilwirtschaft (VDA) allerdings vor allem auf die allgemeine Konjunkturbelebung zurück.

"Einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Einführung von Umweltzonen können wir momentan noch nicht erkennen", so VDA-Sprecher Eckehard Rotter. Noch schieben viele Betriebe die Erneuerung des Fuhrparks auf die lange Bank.

Finanzielle Hilfen bei der Flottenerneuerung

Das Geld für derlei Investitionen fehlt. Handels- und Handwerksverbände kritisieren die Einführung der Umweltzonen denn auch scharf, sie sei geschäftsschädigend. Daher will das Bundesumweltministerium gegensteuern und bietet Handwerkern und Gewerbetreibenden finanzielle Hilfestellung bei der Flottenerneuerung an.

Entscheidungshilfe beim Transporterkauf will der VCD geben. In einer Broschüre werden zweckmäßige und vor allem umweltschonende Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gewicht für jeden Einsatzbereich - vom Klempnerbetrieb bis zum Seniorentransport - aufgeführt.

Insgesamt hält der Verkehrsclub 31Transportermodelle für empfehlenswert. Fahrzeuge mit Dieselantrieb werden in der Broschüre nur empfohlen, wenn Rußpartikelfilter serienmäßig eingebaut werden oder zumindest als Option zu haben sind.

Diesel nicht immer die beste Wahl

Obwohl die Spritkosten geringer und die Motoren durchzugsstark sind, ist ein Diesel nicht immer die beste Wahl, so die VCD-Experten. Wer nur zwei- bis dreimal pro Woche zum Großmarkt fahre, sei mit einem Benziner besser dran. Transporter mit Ottomotor sind günstiger in der Anschaffung - und bei einer relativ geringen Kilometerleitung fallen die höheren Kraftstoffkosten kaum ins Gewicht.

Wer sich für einen Diesel entscheidet, sollte im Auge behalten, dass die EU zur weiteren Schadstoffreduzierung bereits die Euro 5- und die Euro 6- Norm beschlossen hat. Werden sie Pflicht, sind Partikelfilter und Stickoxid-Katalysator unerlässlich- was nicht nur den Preis sondern die Wartungskosten in die Höhe treibt.

Von der Umstellung auf Biodiesel oder Pflanzenöl rät der VCD entschieden ab. In der Vergangenheit hatten sich die Umrüstungskosten durch die geringeren, steuerbegünstigten Kraftstoffpreise relativ schnell amortisiert.

Steuer für Pflanzenöl

Doch seit August 2006 wird Biodiesel besteuert, für Pflanzenöl kommt die Steuer 2008. Bis 2012 soll sie auf den vollen Dieselsatz ansteigen. Denn die Bio-Alternativen sind nicht mehr erwünscht, weil sie mit ihrer starken Stickoxid-Produktion neue Umweltprobleme verursachen.

Für leichte Nutzfahrzeuge mit einer jährlichen Laufleistung von mehr als 15.000 Kilometern empfiehlt der VCD Transporter mit Erdgasantrieb als wirtschaftliche und saubere Alternative. Auf der Liste der Empfehlenswerten stehen derzeit sechs Modelle von fünf Herstellern.

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