Neue Strategie:SAP entert den Massenmarkt

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Mittelständische Firmen sollen sich künftig die Betriebswirtschafts-Software aus dem Internet herunterladen können - und sind mit 133 Euro pro Anwender und Monat dabei.

Dagmar Deckstein

Am Mittwoch um Punkt zehn Uhr Ortszeit war es so weit: Der Softwarekonzern SAP lüftete in New York das lange Zeit streng gehütete Geheimnis, welchen Namen der neue Hoffnungsträger für das Geschäft auf dem Massenmarkt tragen soll: Die neue Mittelstandssoftware - bisheriger Arbeitstitel A1S - geht als "SAP Business ByDesign" auf den Weltmarkt.

"Mit SAP Business ByDesign fügen wir unserem bestehenden, erfolgreichen Geschäft ein komplett neuartiges Geschäftsmodell hinzu und verändern damit den Marktplatz für On-Demand-Lösungen", erklärte Vorstandssprecher Henning Kagermann.

Mit BusinessByDesign sollen sich mittelständische Firmen die Betriebswirtschafts-Software aus dem Internet herunterladen können, ohne IT-Experten werden zu können und sind mit 133 Euro pro Anwender und Monat dabei.

Wider die Erfolglosigkeit

Obendrein bietet SAP Gruppenpreise ab 49 Euro für Benutzer an, die nur begrenzt auf die Software zugreifen wollen. Ohne Vertriebs- und Servicepartner kommt SAP auch bei Software aus dem Internet nicht aus und will ein Netzwerk aufbauen. Einer der ersten Partner ist der US-Dienstleister ADP, Spezialist für Lohn- und Gehaltsabrechnungen.

"Zu sagen, der Erfolg des Produkts sowie der des neuen Geschäftsmodells ist wichtig für SAP, wäre eine Untertreibung", sagt etwa Christian Hestermann vom Beratungshaus Gartner. Schon seit vielen Jahren versucht der Marktführer für Unternehmenssoftware, im Mittelstand Fuß zu fassen - bisher aber ohne nennenswerte Erfolge.

So war zum Beispiel das 1992 erstmals ausgelieferte Softwarepaket SAP R/3 ursprünglich für den Mittelstand entwickelt worden, war diesen Kunden aber zu teuer und zu überfrachtet. Dafür wurde R/3 zum Renner bei den Großkunden und verhalf den Walldorfern zum endgültigen Durchbruch auf dem umkämpften Weltmarkt für Unternehmenssoftware.

Mit der neuen Mietsoftware will SAP vor allem produzierende Firmen in der Größe von 100 bis 500 Mitarbeitern Geschäftsapplikationen auf einer Internet-Plattform gegen monatliche Pauschalen anbieten und sich damit einen neuen Massenmarkt erschließen. Der ist nach SAP-Berechnungen allein in den USA und Deutschland mehr als 15 Milliarden Dollar, also elf Milliarden Euro schwer und umfasst auf diesen Märkten etwa 60.000 potentielle Firmenkunden. Von 2010 an soll das neue Mietgeschäft SAP eine Milliarde Euro zusätzlichen Umsatz zu den zuletzt 9,4 Milliarden beisteuern.

Einfache Bedienung

Jährlich sollen 10.000 neue Kunden zu den derzeit bestehenden 40.000 in aller Welt hinzukommen. Kagermann zufolge schöpft SAP im bisherigen Großkundengeschäft gerade einmal 50 bis 60 Prozent seiner Marktmöglichkeiten aus. Mit Hilfe der Mittelstandskunden hofft er nun darauf, 80 bis 90 Prozent abzudecken. Den Anwendern verspricht Kagermann jedenfalls eine zügige Implementierung, hohe Anpassbarkeit und einfache Bedienung der neuen Mittelstandslösung.

Die Finanzmärkte hingegen betrachten die neue Massen-Mittelstandsinitiative skeptisch, gerade weil SAP in den vergangenen 20 Jahren im Mittelstand kaum punkten konnte. Als der Softwarekonzern im Januar ein paar spärliche Einzelheiten über das A1S betitelte Programm herausließ, bestraften die Anleger die SAP-Aktie.

Vor allem deswegen, weil Kagermann verkündete, der Konzern lasse sich das neue Produkt in den nächsten Jahren zwischen 300 und 400 Millionen Euro an Investitionen kosten und nehme auch Abstriche beim Gewinn in Kauf. So soll die operative Marge, eine Schlüsselkennziffer bei SAP, in diesem Jahr um ein bis zwei Prozentpunkte niedriger ausfallen als vorgesehen, dürfte also bei den 27 Prozent aus dem Jahr 2006 stagnieren.

Aber schon in den nächsten zwei bis drei Jahren will Kagermann die Hürde von 30 Prozent nehmen. Das hängt jedoch entscheidend von der Frage ab, ob SAP mit Business ByDesign nicht nur Umsatz, sondern auch Gewinn erzielen kann. Der Wettbewerber Salesforce.com aus den USA zum Beispiel bietet nur Mietsoftware über das Internet an und erzielte im vorigen Quartal nur eine operative Marge von zwei Prozent.

© SZ vom 20.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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