Nebenkosten:Jahr für Jahr der gleiche Mist

Lesezeit: 3 min

Die Abrechnung ist für Mieter oft ein Ärgernis - viele verstehen nur, ob sie nachzahlen müssen. Jetzt darf sie etwas einfacher aussehen, hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Von Berrit Gräber, München

Für Millionen Mieter ist die jährliche Abrechnung ihrer Nebenkosten schlicht ein Buch mit sieben Siegeln. Detailreich rechnet ihnen darin der Eigentümer oder die Hausverwaltung vor, wie viel Geld sie zusätzlich zur Monatsmiete für das vergangene Betriebsjahr zahlen müssen. Etwa für Heizung, Warmwasser, Grundsteuer, Müllabfuhr, den Hausmeister oder die Gartenpflege. Viele verstehen beim ersten Blick auf all die Zahlen nur eins: Sie sollen wieder einmal nachzahlen. Nur die wenigsten bekamen in den vergangenen Jahren Geld zurück, vor allem wegen der ständig steigenden Energiepreise. Weil es um die komplexe "zweite Miete" immer wieder Streit gibt, hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden: Vermieter müssen nicht mehr jeden Rechenschritt bis in Detail aufdröseln, die formalen Anforderungen werden lockerer (Az. BGH VIII ZR 93/15).

Für Vermieter sei das Urteil erfreulich und eine Vereinfachung, sagt Inka-Marie Storm von der Eigentümergemeinschaft Haus und Grund Deutschland in Berlin. Insbesondere, wenn die Nebenkosten auf die Bewohner mehrerer Häuser umgelegt wurden, musste die Aufschlüsselung immer sehr genau sein. Gab der Vermieter zum Beispiel nur "bereinigte" Gesamtkosten an, war die Abrechnung aus formellen Gründen schnell unwirksam. Damit soll es vorbei sein. Nach Ansicht der Karlsruher Richter profitieren auch die Mieter davon, wenn die Abrechnungen fortan übersichtlicher ausfallen.

Für Mieter werde es nicht wirklich einfacher, gibt dagegen Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, zu bedenken. Weil Zwischenschritte künftig wegfallen, werde es für Mieter nur noch schwerer, die Abrechnung zu prüfen. "Die Kontrolle der Nebenkostenabrechnungen wird jetzt noch wichtiger", sagt Ropertz. Das Risiko, dass Vermieter Abzüge zugunsten der Mieter schlicht "vergessen", sei gewachsen. "Die Gefahr, dass der Mieter betrogen wird, sieht der BGH nicht", hält Storm dagegen.

Nach Ansicht der Mietervereine ist schon jetzt etwa jede zweite der jährlich über 21 Millionen Betriebskostenabrechnungen falsch, unvollständig oder schlicht nicht nachvollziehbar. Dass bei der komplexen Materie regelmäßig etwas schiefgeht, deckt sich auch mit den Erfahrungen von Mietrechtsanwälten. Nicht nur private Vermieter, auch die Profis in den Hausverwaltungen liegen mitunter falsch, wenn sie die jährlichen Nebenkosten von oftmals Dutzenden bis Hunderten Mietparteien zusammenstellen. In der Hektik können sich Posten in die Abrechnung schleichen, die gar nicht umgelegt werden dürfen. Oder es hakt bei Fristen, Verteilerschlüsseln oder dem korrekten Anrechnen von Modernisierungskosten.

Kosten für Heizung und Warmwasser machen den Großteil der Nebenkosten aus. Ein vergleichender Blick auf die Vorjahresrechnung kann sich lohnen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Wer in den nächsten Wochen seine Nebenkostenabrechnung im Briefkasten hat, sollte am besten sofort das Schreiben vom Vorjahr heraussuchen und vergleichen, rät Ropertz. Zu prüfen ist etwa, welche Posten überdurchschnittlich teurer geworden und welche konstant geblieben sind. Dafür bleiben Mietern nur etwa vier Wochen Zeit. Wer Ausreißer findet oder die Abrechnung nicht versteht, sollte sich sofort mit seinem Vermieter in Verbindung setzen und Einsicht in die Originalbelege fordern.

Der pauschale Vorwurf, die Abrechnung sei zu hoch oder es gebe Ungereimtheiten, bringt nichts. Hat der Mieter einen Korrekturwunsch, muss er genau belegen können, welche Position nicht stimmt, urteilte der BGH ( Az. VIII ZR 340/10). Auch der Vermieter muss sich an Fristen halten: Er hat zwölf Monate Zeit, um die Jahresabrechnung vorzulegen. Bekommt der Mieter die Auflistung erst im 13. Monat oder noch später, hat er Glück. Er muss Nachforderungen dann nicht mehr bezahlen. Ein Mieter-Guthaben verfällt nicht.

Eine sorgfältige Kontrolle lohnt sich. Auch für 2015 kann es wieder um jede Menge Geld gehen. In zahlreichen Städten und Kommunen stieg die Grundsteuer, neuerdings kommen Kosten für die Legionellenprüfungen beim Warmwasser oder Wartungskosten für Rauchmelder hinzu. Die Kosten für Heizung und Warmwasser sind der größte Posten, sie machen etwa 65 Prozent aller Betriebskosten aus. Weil es 2015 kälter war als im Jahr zuvor, sei der Energiebedarf voraussichtlich höher ausgefallen, sagt Ropertz. Zugleich wurden Gas und Fernwärme etwas teurer. Nur Heizölkunden durften sich 2015 schon über sinkende Preise freuen.

Beim Berechnen der folgenden Positionen machen Vermieter und Hausverwaltungen nach Ansicht des Mieterbunds am häufigsten Fehler:

Verwaltungskosten: Zahlungen für die Hausverwaltung, Bankgebühren, Porto, Zinsen und Telefon sind keine Betriebskosten. Sie dürfen nicht auf die Mieter umgelegt werden, ganz gleich, was im Mietvertrag steht. Wer solche Kosten findet, sollte sie unbedingt monieren.

Hausmeister: Den Hof zu kehren oder das Treppenhaus rein zu halten, sind typische Hausmeisterarbeiten. Wird das von externen Servicekräften übernommen und zusätzlich abgerechnet, obwohl es einen Hausmeister gibt, sollten Mieter nachhaken. Sonst zahlen sie doppelt.

Gartenpflege: Nur immer wiederkehrende Gartenpflegekosten wie Rasenmähen und Heckeschneiden dürfen umgelegt werden. Wird ein Garten komplett neu angelegt oder neues Gerät angeschafft, ist das Vermietersache.

Eigentumswohnungen: Immer wieder finden Mieter einer Eigentumswohnung die Position Verwaltungs- und Instandhaltungskosten. Der Vermieter hat dann seine Abrechnung der Eigentümergemeinschaft einfach an die Mieter weitergereicht. Das geht nicht. Der Besitzer muss dafür zahlen, Mieter nicht.

Wartung : Die Pflege und Wartung des Fahrstuhls sind definitiv Betriebskosten. Ein Erdgeschossmieter muss dafür aufkommen, nicht aber Mieter in einem anderen Gebäudeteil, die den Aufzug nicht nutzen können. Häufig verbergen sich hinter dem Posten Wartung auch Reparaturen. Und die muss der Mieter nicht zahlen. Vorsicht bei Vollwartungsverträgen: Hier müssen die Reparaturkosten herausgerechnet sein. Wenn nicht, können bis zu 50 Prozent der Vertragskosten abgezogen werden.

Versicherungen: Prämien für Gebäude- und Haftpflichtversicherungen dürfen umgelegt werden. Nicht jene für sonstige Vermieter-Policen wie Rechtschutz-, Hausrat- oder Mietverlustversicherung.

Leerstand: Für leer stehende Wohnungen muss der Vermieter aufkommen. Wichtig ist, in solchen Fällen die Angabe der Gesamtwohnfläche zu prüfen. Fällt die Quadratmeterzahl plötzlich niedriger aus als im Vorjahr, spricht das dafür, dass die Kosten nur auf die vermieteten Wohnungen umgelegt wurden. Das darf nicht sein.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: