Nato-Generalsekretär:Zeit zum Tee trinken

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Die britische Telefonfirma Cable and Wireless will sich künftig das Beziehungsnetz von George Robertson zu Nutze machen. Eine Teilzeitanstellung des scheidenden Nato-Generalsekretärs reicht dazu offenbar aus.

Imke Henkel

(SZ vom 01.07.03) - Die neue Rolle, die der derzeitige NATO-Generalsekretär Lord Robertson ab 1. Februar 2004 einnehmen wird, dürfte ihm ungewohnt ruhig erscheinen.

George Robertson muss sich auch in Zukunft keine Sorgen über sein Auskommen machen. (Foto: AP)

Als Vizepräsident der britischen Telekom-Gruppe Cable and Wireless plc wird es seine Aufgabe sein, weltweit mit den Regierungen derjenigen Länder gute Verbindungen zu pflegen, in denen Cable and Wireless unternehmerisch tätig ist.

Wenigstens das ausgiebige Reisen, das mit dieser Aufgabe verbunden ist, wird den 57jährigen an sein Amt als NATO-Generalsekretär erinnern.

Eher im Stillen

Doch anstatt im Rampenlicht zu stehen und vernehmlich - seine Kritiker werden sagen: zu vernehmlich - Position zu beziehen, wird der gebürtige Schotte künftig eher im Stillen zu wirken haben.

Baron George Islay Macneill Robertson of Port Ellen, wie sein vollständiger Name seit der Erhebung in den Adelsstand vor vier Jahren lautet, hatte als Generalsekretär des westlichen Verteidigungsbündnisses nicht immer eine glückliche Hand.

Manche werfen ihm vor, dass die Krise der Allianz zum nicht geringen Teil auf seine Ungeschicklichkeit zurückzuführen sei. Zwei Fehler vor allem werden ihm vorgehalten. Zum einen seine eilige Initiative, dank derer einen Tag nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 der NATO-Rat mit der Ausrufung des Artikels 5 den Beistand im Kriegsfall ausrief.

Ein Schlag ins Gesicht

Die USA zeigten sich damals für die politische Geste dankbar, auf die militärische Hilfe jedoch verzichteten sie - für die NATO ein Schlag ins Gesicht.

Das zweite Beispiel, das Robertson als Mann der Aktion zeigt, der seinen Willen gegen diplomatische Einsicht durchsetzt, fällt in das Vorfeld des jüngsten Irak-Krieges.

Anstatt hinter den Kulissen eine Einigung beim Thema Verteidigungshilfe für die Türkei zu erreichen drängte er mit einem Ultimatum Frankreich, Deutschland und Belgien zu einem Veto und führte damit das Bündnis in die vielleicht schwerste Zerreisprobe seiner Geschichte.

Gewerkschaftsfunktionär in der Whiskey-Industrie

In die Verteidigungspolitik geriet Robertson eher überraschend. Der Spross einer Polizistenfamilie studierte Wirtschaftswissenschaften in Dundee und fand als Gewerkschaftsfunktionär in der Whiskey-Industrie seinen Weg in die Politik.

Als 32jähriger wurde er für Labour ins Unterhaus gewählt. Nach dem Wahlsieg Labours 1997 war allgemein erwartet worden, Robertson werde zum Schottlandminister ernannt werden. Stattdessen machte Blair ihn zum Verteidigungsminister.

Robertsons neuer Posten wurde eigens für ihn eingerichtet. Er ist als Teilzeitstelle angelegt, so dass dem Ex-Nato-Chef Zeit bleiben wird für seine drei Kinder und seine Hobbies: Fotografieren und Golfspielen.

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