Nachruf:Helmut Maucher tot

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Er war der erste Deutsche, der es an die Spitze des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns schaffte. Über fünf Jahrzehnte hat er Nestlé geprägt. Seine Karriere begann Maucher in einem Milchpulverwerk in Wangen. Am Montag starb er im Alter von 90 Jahren.

Von Silvia Liebrich

Der Schweizer Konzern Nestlé unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von vielen anderen Unternehmen: bis heute wird großen Wert auf Kontinuität an der Führungsspitze gelegt. Schnelle Wechsel im Topmanagement sind am Firmensitz in Vevey am Genfer See bis heute die absolute Ausnahme. Einer, der den Aufstieg von Nestlé zum größten Lebensmittelhersteller der Welt über fünf Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt hat, ist Helmut Maucher, zuletzt Ehrenpräsident der Nestlé AG und zugleich der erste Deutsche, der an die Spitze des Schweizer Konzerns berufen wurde.

Der gebürtige Allgäuer begann seine Karriere bei Nestlé Anfang der Fünfzigerjahre mit einer kaufmännischen Lehre im Milchpulverwerk in Wangen. Nach einem Studium arbeitete sich Maucher über verschiedene Stationen bei der deutschen Tochtergesellschaft in Frankfurt nach oben. 1975 übernahm er deren Leitung, fünf Jahre später den Posten des Generaldirektors in der Schweizer Firmenzentrale. Später fungierte er als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates. Maucher übernahm den Konzern zu einer Zeit, als dessen Image angeschlagen war. Aggressive Werbung für Babynahrung in Entwicklungsländern hatte Nestlé in Verruf gebracht. Maucher bemühte sich, die Wogen zu glätten, setzte auf Dialog mit den Kritikern. Darüber hinaus trieb er konsequent die Expansion des Unternehmens voran, stärkte das Süßwarengeschäft mit Zukäufen und sorgte mit der Übernahme des italienischen Pastaherstellers Buitoni für Aufsehen. Mit einer Übernahmeschlacht um den französischen Getränkekonzern Perrier machte er Nestlé zur Nummer eins am Mineralwassermarkt. Wenig Fingerspitzengefühl zeigte Maucher später in einem Interview, in dem er im Zusammenhang mit arbeitsunwilligen Menschen von "Wohlstandsmüll" sprach. Ein Fauxpas, der zum Unwort des Jahres 1997 wurde. Paul Bulcke, der derzeitige Präsident des Verwaltungsrats, würdigte Maucher als starken Visionär, "der einen Großteil seines Lebens Nestlé gewidmet hat". Maucher starb am Montag im Alter von 90 Jahren.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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