Nach fünfmonatiger Übernahmeschlacht:Fusion von Arcelor und Mittal perfekt

Lesezeit: 2 min

Die größte Übernahmeschlacht in der Geschichte der Stahlindustrie ist zu Ende. Arcelor hat das neue Übernahmeangebot des Branchenführers Mittal akzeptiert.

Das teilte Arcelor nach Beratungen des Vorstands mit. Arcelor hatte zuvor zwei Mittal-Angebote als zu niedrig zurückgewiesen und einer Fusion mit dem russischen Konzern Severstal den Vorzug gegeben.

Arcelor ist das weltweit zweitgrößte Unternehmen der Stahlindustrie (Foto: Foto: Reuters)

Der Fernsehsender CNBC und die Zeitung Times of India berichteten, der neue Konzern werde Arcelor Mittal heißen und von Mittal-Chef Lakshmi Mittal und dem Arcelor-Vorsitzenden Joseph Kinsch gemeinsam geführt werden. Die Aktionäre sollen am Freitag über die Übernahme abstimmen.

Oligarch Alexej Mordaschow und der indische Milliardär Lakshmi Mittal warben noch am Samstag für ihr jeweiliges Angebot. Am Sonntagmittag wurde bekannt, dass Mittal überraschend in London seinen Aufsichtsrat einberief. Das deutete auf eine Entscheidung zugunsten von Mittal hin.

Durchbruch nach Zugeständnissen

Seit Ende Februar hatte das Arcelor-Management Mittals Angebot als feindlich eingestuft und weit von sich gewiesen. Gespräche mit Mittal lehnte es mehr als vier Monate lang ab. Eine Wende kündigte sich Mitte vergangener Woche an. Eine für Mittwoch anberaumte außerordentliche Arcelor-Hauptversammlung war kurzfristig abgesagt worden, weil es unter den Aktionären keine Mehrheit für eine Fusion mit dem vom Arcelor-Management bevorzugten "weißen Ritter" Severstal gab. Der Widerstand gegen Severstal im Aktionärskreis gewann dagegen an Gewicht. Arcelor-Aktionäre forderten sogar den Rücktritt von Arcelor-Chef Guy Dollé. Vor knapp 14 Tagen lenkte Dollé ein und nahm erstmals Gespräche mit Mittal auf.

Zum Durchbruch zwischen den Kontrahenten soll es Ende vergangener Woche gekommen sein, als Mittal weitere Zugeständnisse signalisiert hatte. Den Berichten zufolge stockte er sein nachgebessertes Angebot noch einmal auf und zahlt jetzt 43 Euro pro Arcelor-Aktie. Andere Quellen berichten von einer Erhöhung auf 40,37 Euro je Aktie. Bislang bot Mittal 37 Euro, was Arcelor mit 23 Milliarden Euro bewerten würde.

Wegen der unübersichtlichen Lage war die Arcelor-Aktie am Mittwoch vom Handel genommen worden. Dort wurde sie zuletzt mit 35 Euro gehandelt. Zwar läge das von Mittal stark nachgebesserte Angebot immer noch unter dem Preis von 44 Euro je Aktie, den Severstal angeblich für Arcelor geboten hat.

Auswirkungen für ThyssenKrupp fraglich

Mittal soll das Arcelor-Management aber trotzdem überzeugt haben, weil der Milliardär angeblich weitere Zugeständnisse machte. Bereits am Freitag hieß es, er sei bereit, auf unrentable Werke und Standortgarantien am Arcelor-Sitz Luxemburg zu verzichten und erhebe nur Anspruch auf 45 Prozent des Arcelor-Kapitals. Arcelor soll mehrheitlich von unabhängigen Direktoren geführt werden, der umstrittene Franzose Dollé dürfe aber für eine bestimmte Zeit im Amt bleiben, ebenso wie der Aufsichtsratsvorsitzende von Arcelor, Joseph Kinsch.

Mittal wolle sich vorerst mit der Rolle des Co-Aufsichtsratsvorsitzenden zufrieden geben. Nach Angaben des Wall Street Journal sollen die Arcelor-Aktionäre außerdem 3,3 Milliarden Euro in bar ausgezahlt bekommen.

Arcelor seinerseits soll Severstal wegen der nichtvollzogenen Fusion einen Ausgleich von 130 Millionen Euro zahlen. Der neue, mit einer Stahlproduktion von jährlich mehr als 100 Millionen Tonnen mit Abstand größte Stahlkonzern der Welt soll den Namen Arcelor Mittal tragen.

Fraglich waren am Sonntagnachmittag die Auswirkungen der Fusion für ThyssenKrupp. Offenbar wollen Mittal und Arcelor die kanadische Dofasco behalten. Bisher hieß es, Mittal wolle im Falle einer Fusion mit Arcelor den vor kurzem von Arcelor übernommenen Konzern an Thyssen-Krupp abgeben. Sollte es nicht dazu kommen, wäre das ein Rückschlag für die Deutschen. ThyssenKrupp hatte ebenfalls für Dofasco geboten, unterlag aber.

Inzwischen prüft der Düsseldorfer Konzern Alternativen, bekannt wurde aber bislang keine Annäherung mit einem Konkurrenten. Ein Sprecher von Thyssen-Krupp hielt sich am Sonntag noch mit einer Bewertung zurück, solange in Luxemburg keine offizielle Entscheidung getroffen war.

© SZ vom 26.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: