Nach einem Todesfall:Was mit der Mietwohnung geschieht

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Versicherungen, Vereine, Verträge, vieles ist nun zu regeln. Welche Rechte und welche Pflichten die Hinterbliebenen haben. Fragen und Antworten.

Von Catrin Gesellensetter, München

"Sterben bringt Kummer. Erben auch", sagt der Volksmund. Er hat recht. Hinterbliebene müssen nicht nur den Tod eines nahestehenden Menschen verkraften, auch die Formalitäten und juristischen Herausforderungen sind groß. Nach den Buchstaben des Gesetzes "geht mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über". Das bedeutet: Den Erben steht nicht nur das Hab und Gut des Toten zu. Sie übernehmen grundsätzlich auch die Rechte und Pflichten aus allen Verträgen, die der Verstorbene zu Lebzeiten geschlossen hat. Die aber sind nicht immer vorteilhaft. Was Erben wissen sollten, um ihre Ansprüche zu wahren und Verluste zu vermeiden.

Welche Besonderheiten sind bei Versicherungen zu beachten?

Je früher der Versicherer von dem Todesfall weiß, desto besser. Schnell sein müssen Erben vor allem bei Policen, die im Falle des Todes ihres Kunden eine bestimmte Summe oder eine Rente an die Hinterbliebenen zahlen, also zum Beispiel bei Lebens-, Unfall- oder Sterbegeldversicherungen. Damit das Geld fließt, müssen die Gesellschaften "unverzüglich" vom Tod des Versicherungsnehmers erfahren - also "ohne schuldhaftes Zögern" informiert werden. Die Eile ist deshalb geboten, weil die Gesellschaften die Todesursache oft überprüfen oder eine Obduktion durchführen wollen. "Idealerweise sollte die Meldung innerhalb von ein bis zwei Tagen eingehen", rät Bianca Boss vom Bund der Versicherten.

Was gilt, wenn die Erben erst nach längerer Zeit von dem Todesfall erfahren?

Die Pflicht zur "unverzüglichen" Meldung entsteht erst in dem Moment, in dem der Nutznießer der Police oder der Erbe einerseits von dem Trauerfall und andererseits von dem Versicherungsverhältnis erfährt. Wer nicht weiß, dass er etwas tun muss, kann also nicht "schuldhaft zögern".

Was passiert, wenn ein Trauernder nicht daran denkt, Lebens- oder Unfallversicherer zu informieren?

Er verliert im schlimmsten Fall seinen Anspruch. "Verspätungen ohne plausiblen Grund können dazu führen, dass der Versicherer die Leistung verweigert", warnt Expertin Boss. Doch nicht nur der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Damit die Begünstigten die vereinbarten Summen erhalten, müssen sie der Gesellschaft den Versicherungsschein, die Sterbeurkunde, ein amtsärztliches Zeugnis über die Todesursache und die Geburtsurkunde des Verstorbenen vorlegen.

Was wird aus den Sachversicherungen des Verstorbenen?

Hausratversicherungen enden spätestens zwei Monate nach dem Tod des Versicherungsnehmers. "Wollen Erben die Police fortführen, müssen sie innerhalb dieses Zeitfensters einen entsprechenden Antrag stellen - sonst riskieren sie, zumindest zeitweise ohne Schutz dazustehen", warnt Expertin Boss. Wohngebäudeversicherungen hingegen laufen nach dem Tod des Unterzeichners erst einmal weiter. Das ist sinnvoll, nicht nur, wenn der Partner oder Angehörige des Verstorbenen in der Immobilie wohnen bleiben, sondern auch, wenn das Haus bis auf Weiteres leer steht. In diesem Fall kann es aber Probleme geben. "Um ihren Versicherungsschutz zu erhalten, müssen Erben die Assekuranz auf den Leerstand hinweisen", sagt Verbraucherschützerin Boss. Das sei aber nicht ganz ungefährlich. Mitunter kündigen die Gesellschaften die Verträge nach einer solchen Meldung, weil in verwaisten Häusern Schäden unbemerkt bleiben und somit höhere Kosten verursachen können.

Hält die Gesellschaft am Vertrag fest, wird der Schutz meist teurer. Für die Zeit des Leerstandes verlangen Versicherer in der Regel deutlich höhere Prämien. Wegducken und darauf vertrauen, dass schon nichts passieren wird, ist dennoch keine gute Idee. Boss: "Wer das Zusatzrisiko verschweigt, riskiert, dass die Gesellschaft im Ernstfall die Leistung verweigert. Das ist meist die teuerste Variante."

Wer darf die Wohnung des Verstorbenen weiternutzen?

Das hängt davon ab, ob der Verstorbene alleine lebte oder einen Mitbewohner hatte. Grundsätzlich gehen zwar auch Mietverträge für private Wohnräume auf den oder die Erben über. Trotzdem dürfen diese nicht automatisch dort einziehen. Vorrang haben zunächst die Personen, die mit dem Verstorbenen in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben - auch wenn sie keine Erben sind. "Erst wenn alle Mitbewohner dem Vermieter mitteilen, dass sie nicht in der Wohnung bleiben wollen, kommen die Erben zum Zug und setzen das Mietverhältnis fort", erläutert Bernd Schmalenbach, Fachanwalt für Erbrecht in Sindelfingen. Dass sie dauerhaft in der Wohnung bleiben dürfen, ist damit aber noch nicht gesagt. "Der Vermieter kann einen Monat lang überlegen, ob er den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende beenden will", sagt Schmalenbach. "Das gleiche Recht steht auch den Erben zu."

Maßgeblich für die Berechnung der Kündigungsfrist ist der Zeitpunkt, ab dem die Beteiligten sowohl über den Tod des Mieters informiert waren als auch darüber, dass keiner von dessen Mitbewohnern in den Vertrag einsteigen will.

Wie werden Erben kostspielige Dauerverträge los?

Wenn es schlecht läuft, erst einmal gar nicht. Denn Kontrakte, die sich in regelmäßigen Abständen verlängern, gehen eins zu eins auf die Erben über. Beispiele dafür sind Verträge für das Handy, für Bezahlfernsehen oder für ein Zeitungsabo. Die Erben sind an die vereinbarten Laufzeiten gebunden, ein Sonderkündigungsrecht steht ihnen nicht zu. Wer möglichst schnell die Kosten kappen will, kann aber dennoch sein Glück versuchen und ein Schreiben aufsetzen, in dem er "mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin" kündigt. "Manche Unternehmen entlassen Erben aus Kulanzgründen vorzeitig aus geerbten Verträgen", sagt Anwalt Schmalenbach.

Wer bedient die Schulden des Verstorbenen?

Als Rechtsnachfolger des Toten übernehmen Erben auch dessen Kreditverträge, sie müssen die Raten für Zins und Tilgung also genauso abstottern, wie der Verstorbene das getan hat.

Müssen Erben die Mitgliedschaften des Verstorbenen in Vereinen kündigen?

Nein. Es genügt, die Organisation über den Trauerfall zu informieren. Denn Mitgliedschaften, ob im Kirchengesangsverein oder Rotary Club, sind in der Regel an die Person gebunden und enden mit deren Tod. Wichtige Ausnahme: Verträge mit Fitnessstudios können Erben übernehmen, wenn sie wollen. Wenn nicht, haben sie ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Gibt es auch Verträge, die automatisch erlöschen, wenn der Kunde stirbt?

Ja, zum Beispiel der Vertrag mit einer privaten Krankenversicherung. Hier fallen nach Ablauf des Sterbemonats keine Beiträge mehr an. Auch Arbeitsverträge enden mit dem Tod des Arbeitnehmers. Noch offene Gehaltsforderungen muss der Chef an die Erben auszahlen. Gleiches gilt, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten einen Abfindungsanspruch erworben hat, etwa durch einen gerichtlichen Vergleich oder Aufhebungsvertrag.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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