Nach der Flutkatastrophe:Drei, zwei, eins - Insel

Lesezeit: 2 min

Die Malediven haben 22 zerstörte Inseln per Auktion zur Adoption freigegeben - der Erlös dient der Bewältigung der Flutfolgen.

Von Manuela Kessler

Wer schon immer gern mit einem tropischen Eiland prahlen wollte, hat jetzt die große Chance, sich noch dazu einen Namen als Gönner zu machen. Die Malediven haben 22 Inseln per Auktion zur Adoption freigegeben.

Das Vorhaben soll der Bewältigung der Flutkatastrophe dienen. Versteigert werden die am schlimmsten verwüsteten Gebiete des maledivischen Archipels, das aus 1192 Korallenriffen und Sandbänken besteht. Über 850 Kilometer erstreckt sich das Gebiet entlang des Äquators, maximal 1,50 Meter erheben sich die Inseln über den Meeresspiegel.

Die Flutwellen überfluteten praktisch das gesamte Land, das eine der ersten Adressen weltweit ist für Luxusferien am Palmenstrand. Die internationale Berichterstattung konzentrierte sich auf die 87 exklusiven Hotelanlagen, welche die Hälfte der bewohnten Inseln ausmachen.

Tue Gutes und rede darüber

Die Malediven verschwanden aus den Schlagzeilen, als feststand, dass sie mit 82 Toten relativ glimpflich davon gekommen waren - verglichen mit anderen Krisengebieten, die Zehntausende von Opfern zu beklagen hatten.

Weitgehend übersehen wurde von der Weltöffentlichkeit in der Folge, dass die Katastrophe dem Inselstaat, der rund 300000 Einwohner islamischen Glaubens zählt, ökonomisch am stärksten zusetzt. Der Tourismus steht für ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts, ernährt zwei Drittel der Bewohner, wenn man die indirekt vom Fremdenverkehr abhängigen Stellen hinzuzählt, und sorgt für ein Jahreseinkommen von durchschnittlich 1740 Euro.

Die Tsunamis haben, mit anderen Worten, das Rückgrat der maledivischen Volkswirtschaft getroffen. Präsident Maumun Abdul Gayum rief den Notstand aus.

Verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Maßnahmen. So wurde in der maledivischen Hauptstadt Male die Idee geboren, Patenschaften für Inseln anzubieten, auf denen nicht viel mehr als Fischerhütten standen, bevor die Naturgewalten zuschlugen und sie dem Erdboden gleich machten.

Gesucht sind Gönner, die gewillt sind, 70.000 bis 2,3 Millionen Euro hinzublättern für die Instandsetzung eines ganzen Eilands. Der Meistbietende erhält den Zuschlag. Die maledivische Regierung erteilt den Paten im Gegenzug das Recht, ihre gute Tat weltweit zu vermarkten.

Präsident Gayum schätzt, dass der Wiederaufbau in seinem Inselstaat insgesamt eine Milliarde Euro kosten dürfte. Das ist fast so viel, wie der Internationale Währungsfonds und die Weltbank für Sri Lanka veranschlagt haben und doppelt so viel, wie die Malediven als Bruttoinlandsprodukt ausweisen.

Der Betrag mag zwar etwas übertrieben sein: Die internationalen Finanzinstitutionen gehen nur von einem Drittel der Summe aus. Doch die Instandsetzungsarbeiten sind so teuer wie nirgendwo sonst. Die meisten Inseln sind nur per Schiff oder Helikopter zu erreichen. Das Baumaterial muss kostspielig aus dem Ausland herangeschafft werden.

Die Malediven mögen zwar die weißesten Strände weltweit besitzen, doch selbst in normalen Zeiten importierte das Ferienparadies jährlich rund 100000 Tonnen Sand, damit das fragile ökologische Gleichgewicht auf den Korallenatollen unangetastet bleibt. Jede der bewohnten Inseln besitzt eigene Generatoren, die Hotelinseln verfügen darüber hinaus über Entsalzungs- und Kläranlagen.

Sehnliches Warten auf Touristen

Die Fluten ertränkten ein Viertel der Maschinen. 63 der Ressorts, die potenten internationalen Hotelketten gehören - vom Club Med über Four Seasons bis hin zu Banyan Tree - haben längst Abhilfe geschaffen. Die Fünf-Sterne-Hotels laufen wieder normal, kaum etwas erinnert an die Naturkatastrophe. Dem maledivischen Staat jedoch fehlt es an allen Ecken und Enden am Geld, die beschädigte Infrastruktur zu ersetzen.

Schlimmer noch: Unzählige Arbeitsplätze sind bedroht, solange die Touristen und mit ihnen die Deviseneinnahmen fernbleiben. Nur halb so viele Besucher wie üblich haben im Februar den Weg auf die Malediven gefunden. Der französische Manager einer Hotelinsel spricht von einer "schleichenden Katastrophe".

Wer die Malediven nach den Tsunamis nun bewusst meide, trage zu der Krise bei. Kein Wunder, dass der maledivische Präsident erklärt: Die beste Hilfe bestehe darin, Ferien auf den paradiesischen Inseln zu verbringen. Alternativ: In der Ersteigerung einer Insel - es darf geboten werden.

© SZ vom 26.02.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: