Nach dem Urteil zu Spekulationsgewinnen:Der letzte Ausweg: Selbstanzeige

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Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs zur Spekulationsteuer sollten Betroffene schnell handeln.

Daniela Kuhr

Wer seine Gewinne aus Wertpapiergeschäften für die Jahre nach 1998 bislang verschwiegen habe, solle "die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige" überdenken, rät der Deutsche Steuerberaterverband.

Experten mahnen zur Eile: "Wenn die Behörden ein Ermittlungsverfahren eröffnet haben, ist es für eine Selbstanzeige zu spät", sagt Ulrich Derlien, Steuerberater bei der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger und Partner.

Und nach dem jüngsten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem das oberste deutsche Steuergericht die Spekulationsteuer seit dem Jahr 1999 für verfassungsgemäß erklärt hatte, würden die Finanzämter nun sicher verstärkt Ausschau halten nach nicht erklärten Spekulationsgewinnen.

Tückische Kontenabfragen

Grundsätzlich gilt: Gewinne aus Geschäften mit Wertpapieren sind steuerpflichtig, wenn zwischen Kauf und Verkauf der Papiere weniger als zwölf Monate (früher: sechs Monate) liegen. Bisher allerdings war das Entdeckungsrisiko gering.

Für die Jahre 1997 und 98 hatte das Bundesverfassungsgericht die Spekulationsteuer deshalb gekippt, da der Ehrliche damals der Dumme war. Nach diesem Urteil glaubten viele Steuerzahler, dass die gleichen Bedenken auch für die Folgejahre gälten.

Die Finanzämter versahen Steuerbescheide deshalb zuletzt mit einem Vorläufigkeitsvermerk. Doch vergangene Woche machte der BFH alle Hoffnungen von Börsenspekulanten zunichte: Seit dem Jahr 1999 sei die Steuer verfassungsgemäß, entschied das Gericht (SZ vom 12.1.).

Zu diesem Ergebnis kamen die Richter vor allem wegen der seit April 2005 erlaubten Kontenabfragen durch die Finanzämter. Sie würden mittlerweile eine wirksame Kontrolle der Angaben der Steuerbürger ermöglichen. "Ein Depot lässt sich heute nicht mehr so leicht verschweigen", sagt auch Derlien.

Hat ein Finanzamt Zweifel an den Angaben eines Bürgers, kann es innerhalb kürzester Zeit sämtliche inländischen Konten und Depots von ihm ermitteln. Den Kontostand erfahren die Beamten dabei zunächst nicht; ergibt sich aber ein Verdacht, dürfen sie bei der Bank nachfragen.

Für die automatisierten Abfragen haben die Banken einen Datenpool eingerichtet, auf den die Behörden indirekt - durch Einschaltung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - zugreifen können. In diesem Pool befinden sich die Datenbestände der vergangenen drei Jahre.

"Selbst wenn das geheime Depot also mittlerweile nicht mehr vorhanden ist, erfährt der Finanzbeamte trotzdem von seiner Existenz", sagt Derlien, "zumindest, wenn es erst in den vergangenen drei Jahren gelöscht wurde." Zudem seien die Taten steuerlich nicht verjährt. "Bis zu zehn Jahre nach Abgabe der falschen Steuererklärung darf ermittelt werden", sagt der Steuerberater.

Die strafrechtliche Verjährungsfrist beträgt dagegen nur fünf Jahre. Betroffene sollten sich auch nicht darauf verlassen, dass der Finanzbeamte sie vor einer Kontenabfrage informiere und dann immer noch genug Zeit sei für eine Selbstanzeige. "Die Behörden sollen zwar die Bürger vor einer Abfrage informieren, sie müssen es aber nicht", sagt Derlien.

Andererseits sei es nach einer Kontenabfrage nicht automatisch zu spät für eine Selbstanzeige. "Die bloße Kenntnis der Behörde von einem Konto genügt noch nicht", erklärt der Fachmann. "Die Beamten müssen zum Beispiel auch wissen, in welchem Umfang Veräußerungsgewinne angefallen sind."

Da aber bei einer Selbstanzeige diverse Fehler gemacht werden könnten, sollten Betroffene in jedem Fall vorher den Rat eines Steuerfachmanns einholen, sagt Derlien.

© SZ vom 19.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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