Nach dem Riester-Reinfall:Vielleicht bald der nächste Flop

Lesezeit: 3 min

Nach dem eher traurigen Schicksal der Riester-Rente will der Staat seine Bürger schon wieder für eine neue Vorsorge-Form begeistern.

Von Martin Reim

Man darf gespannt sein, welche Bezeichnung sich durchsetzen wird. "Rürup-Rente" nennen viele Beobachter jene zusätzliche Form der privaten Alters-vorsorge, die in dieser Woche vom Bundestag endgültig beschlossen wurde.

Die Angehörigen bekommen bei der Rürup-Rente keinen Euro. Foto: ddp (Foto: N/A)

Namensgeber ist hier der Wirtschafts-professor und Regierungsberater Bert Rürup, der die Idee zu der Neuerung hatte. Die Versicherer favorisieren hingegen den Begriff "Basisrente".

Assoziationen mit der Riester-Rente vermeiden

Ein Sprecher des Branchenverbandes GDV sagt, man halte es "generell für schlecht, wenn solche Benennungen von Personen abhängig gemacht werden".

Zur Begründung zieht er die Parallele zur Riester-Rente, die vor zwei Jahren vom damaligen Sozialminister Walter Riester eingeführt wurde — der Namensgeber ist nicht mehr im Amt.

Doch auch aus anderen Gründen haben die Konzerne ein Interesse daran, Assoziationen mit der Riester-Rente möglichst gering zu halten. Denn bei dieser Spielart der staatlich geförderten privaten Alters-vorsorge sind die Kundenzahlen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Die Rürup-Rente, die Anfang kommenden Jahres startet, könnte durchaus ein ähnliches Schicksal erleiden.

Keine Vererbbarkeit

Ein Grund dafür sind die erheblichen Restriktionen. Die Policen à la Rürup sollen zwar von Privatunternehmen angeboten werden, doch sind die rechtlichen Vorgaben weitgehend die gleichen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung.

So werden die Leistungen nur in monatlichen Raten überwiesen und nicht auf einen Schlag. Das aufgelaufene Guthaben ist nicht beleihbar, veräußerbar oder vorzeitig auszahlbar; dabei könnte so etwas durchaus nützlich sein, wenn der Kunde in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Die Vererbbarkeit ist sogar noch stärker eingeschränkt als beim gesetzlichen Pendant: Während dort zumindest ein Bruchteil der Leistungen an den Ehepartner oder eventuelle Waisen weiterbezahlt wird, bekommen die Angehörigen bei der Rürup-Rente keinen Euro.

Die Bundesregierung und Rürup selbst betonen, nur diese strengen Regeln garantierten, dass möglichst viel Geld den tatsächlich Rentenberechtigten zukomme.

Und dies sei volkswirtschaftlich nötig, um die immer spärlicher fließende gesetzliche Rente zuverlässig aufzustocken. Dieses Argument bezeichnen manche Experten als zwar theoretisch zutreffend, aber praxisfern.

"Kaum jemand wird so eine Police kaufen, wenn bei seinem Tod das Geld komplett weg ist", meint beispielsweise Manfred Poweleit, Herausgeber des Finanz-Informationsdienstes map-report.

Die fehlende Vererbbarkeit stimmt auch etliche Versicherer skeptisch. Wegen dieses Punktes sei die Rürup-Rente "nicht konkurrenzfähig" mit privaten Rentenversicherungen traditioneller Art, sagt etwa Peter Hanus, Vorstands-Chef des mittelgroßen Anbieters Neue Leben.

Und Jörg Schneider, Vorstandsmitglied der Münchener Rück, erklärt, man sei "nicht so euphorisch" für das neue Produkt. Zu dem Konzern gehören unter anderem die Branchengrößen Hamburg-Mannheimer und Victoria.

Steuervorteile bei Rürop-Rente

Optimistischer zeigt sich allerdings der Marktführer Allianz Leben. "Wir wollen und werden die ersten sein, die mit überzeugenden Produkten und entsprechend guter Beratung an den Markt gehen", erklärt Vorstands-Chef Gerhard Rupprecht vollmundig.

Die Rürup-Rente habe "erhebliches Potenzial". Der Manager hebt vor allem den Steuervorteil hervor, der die Offerten attraktiv machen soll. Demnach können innerhalb eines Rahmens von 20.000 Euro zunächst maximal 60 Prozent der Prämien von der Steuer abgesetzt werden.

Bis zum Jahr 2025 soll der Satz jährlich um zwei Prozentpunkte auf letztlich 100 Prozent steigen. Neue-Leben-Chef Hanus verweist jedoch darauf, dass die Renten-Auszahlungen im Gegenzug von Jahr zu Jahr stärker belastet werden. "Das frisst den Vorteil wieder auf."

Ob und für wen die Rürup-Rente tatsächlich lohnend sein könnte, ist derzeit schwer zu entscheiden — konkrete Angebote liegen noch nicht vor. Möglicherweise finden die Firmen ja noch einige Schlupflöcher, um die Regeln zumindest teilweise zu umgehen.

Zusatzpolice für Hinterbliebene

So ist jetzt schon möglich, dass man zusätzlich zur normalen Rürup-Rente eine Police abschließen kann, die auch an Hinterbliebene auszahlbar ist. Das könnte zu Diskussionen führen, was "zusätzlich" bedeutet.

Auch ist nicht auszuschließen, dass es noch Korrekturen des Gesetzes selbst gibt. Immerhin wurde auch bei der Riester-Rente nachträglich die Möglichkeit geschaffen, einen Teil der Ansprüche zu vererben oder vorzeitig auszuzahlen.

So etwas wäre wohl auch bei der Rürup-Rente sinnvoll, um sie attraktiver zu machen. Denn dass private Vorsorge in größerem Umfang als bislang nötig ist, steht angesichts der absehbaren Bevölkerungsentwicklung außer Frage.

Und die Bereitschaft dazu würde durch einen zweiten Flop à la Riester sicherlich leiden.

© SZ vom 19. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: