Nach dem Hurrikan "Katrina":Benzinpreise drohen weiter zu steigen

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Auch wenn der Ölpreis nicht mehr auf Rekordniveau steht: Experten fürchten, dass die Benzinpreise weiter steigen werden. Zudem ist kaum noch mit einer konjunkturellen Erholung zu rechnen.

Der Ölpreis ist um rund zwei Dollar pro Barrel gefallen, nachdem die Schäden durch den Wirbelsturm "Katrina" an der US-Golfküste möglicherweise kleiner als erwartet ausgefallen sind.

Jeder Griff zur Zapfpistole kommt einem Angriff auf den Geldbeutel gleich. (Foto: Foto: dpa)

Am Dienstag lag der Ölpreis im Computerhandel an der New Yorker Rohstoffbörse bei 68,48 Dollar pro Barrel (159 Liter). Am Montag war der Ölpreis angesichts der Katastrophe auf einen Rekordwert von 70,80 Dollar gestiegen, bis zum Handelsschluss aber wieder auf 67,20 Euro zurückgegangen.

Die Ölhändler warteten am Dienstag auf Schadensmeldungen von Ölförderanlagen und Raffinerien.

Die Golfküste ist das Zentrum der Ölförderung und der Verarbeitung in den USA. Acht Raffinerien mussten nach offiziellen Berichten schließen. Andere, wie etwa die gigantische ExxonMobil-Anlage in Louisiana, liefen weiter.

Immer größerer Öl-Durst

In den USA ist die Raffinerie-Situation seit Jahren kritisch, weil die Anlagen fast durchgehend auf voller Kraft laufen müssen, um den immer durstigeren Markt zu versorgen. Neue Raffinerien wurden seit Jahrzehnten nicht gebaut.

Insgesamt ist nach Angaben des Ölanalysten John van Schalk von Energyintel die Verarbeitungskapazität um eine Million Barrel Benzin pro Tag eingeschränkt. Außerdem fehlen laut JP Morgan 630.000 Barrel Öl aus der Förderung im Golf, weil der Sturm die Arbeit behinderte.

Üblicherweise produziert der Golf 2 Millionen Barrel am Tag. Akute Versorgungsmängel sind aber nicht zu befürchten, da die großen Ölgesellschaften nach Expertenmeinung mindestens Öl und fertige Produkte für zehn Tage als Puffer vorrätig haben.

ADAC befürchtet höhere Spritpreise

Nach Ansicht des ADAC droht der Wirbelsturm "Katrina" die Kraftstoffpreise auf neue Höchststände zu treiben. Wenn die amerikanischen Ölförderanlagen im Golf von Mexiko durch den Sturm beschädigt und ihre Förderung gedrosselt werde, dann würden die USA versuchen, auf dem Weltmarkt mehr Öl einzukaufen, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer der Berliner Zeitung(Dienstagausgabe). Dies werde den Rohölpreis weiter treiben. "Die Folge wird sein, dass die deutschen Autofahrer an den Tankstellen für Kraftstoff stärker zur Kasse gebeten werden", sagte Meyer.

Die US-Regierung erwägt wegen des Sturms, die strategischen Ölreserven anzuzapfen. Voraussetzung sei, dass die nationalen Raffinerien dies verlangten. "Wir stehen in Kontakt mit den Öl-Raffinerien", sagte ein Sprecher des US-Energieministeriums am Montag (Ortszeit) der Nachrichtenagentur AFP in Washington.

Der BDI senkt seine Wachstumsprognose

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat unterdessen wegen der Preisrekorde beim Öl seine Wachstumsprognose für 2005 gesenkt. BDI-Volkswirt Reinhard Kudiß sagte der Berliner Zeitung (Dienstag-Ausgabe): "Es wird immer schwieriger, überhaupt ein Wachstum von einem Prozent im gesamten Jahr zu erreichen. Vor dem Hintergrund der hohen Ölpreise wird das Wachstum 2006 wohl eher unter einem Prozent liegen." Der BDI hatte bereits im Frühjahr seine Prognose von einst 1,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr auf rund ein Prozent gesenkt.

Kudiß betonte, er gehe davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal nur unwesentlich besser als im zweiten entwickelt. Im zweiten Quartal hatte es eine Stagnation gegeben. Der BDI-Volkswirt betonte: "Wenn der Ölpreis so hoch bleibt und noch weiter steigen sollte, entwickelt er sich zu einer echten Investitions- und Wachstumsbremse. Der Ölpreis wirkt wie eine höhere Steuer, das lässt für die kommenden Monate wenig Wachstumsdynamik erwarten."

Zu den Aussichten für 2006 sagte Kudiß, angesichts des möglichen Regierungswechsels gebe es eine anhaltende Stimmungsverbesserung in der Industrie. "Sollte es allerdings einen Wahlausgang geben, der zu einer großen Koalition führt und damit die politische Hängepartie fortsetzt, dann werden wir 2006 kaum mehr als ein Prozent Wachstum erleben", erklärte er. "Eine große Koalition trübt die Stimmung, weil wahrscheinlicher wird, dass erforderliche Reformen nicht entschlossen genug angegangen werden."

© sueddeutsche.de/AP/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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