Nach Brand in Papenburg:Behörden schließen Arbeiter-Unterkunft

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Zwei rumänische Arbeiter der Meyer Werft starben kürzlich bei einem Brand in ihrer Unterkunft. Nun schließt der zuständige Landkreis ein anderes Haus, in dem 50 Werkvertragsarbeiter des Unternehmens gemeldet sind - es hätte nur als Schlachterei genutzt werden dürfen.

Von Kristina Läsker, Hamburg

Seit zwei rumänische Arbeiter der Meyer-Werft kürzlich in ihrem Haus in Papenburg bei einem Brand erstickt sind, wächst der Druck auf Nachbargemeinden. Jetzt hat der Landkreis Leer kurzerhand eine Massenunterkunft geschlossen. In dem einstöckigen Haus seien etwa 50 Menschen angemeldet gewesen, sagte der Sprecher des Landkreises Leer. Die meisten seien Bulgaren, die als Werkvertragsarbeiter auf der Meyer-Werft arbeiteten. Was der Kreis moniert: In dem Gebäude durfte man nicht wohnen. Es habe "nur eine Genehmigung zur Nutzung als Schlachterei" gehabt, so der Sprecher.

Der Landkreis hatte einen Tipp bekommen, sich den roten Backsteinbau im Dorf Stapelmoor genauer anzuschauen. Im Gebäude fanden die Kontrolleure dann 43 Betten, teils in Räumen ohne Tageslicht. Elektrische Anlagen wiesen Mängel auf, nötige Rettungswege fehlten. Viele Räume seien "für den Aufenthalt ungeeignet", teilte der Kreis mit. Es seien zwar keine "menschenunwürdigen Wohnverhältnisse ", doch wegen der Mängel im Brandschutz bestehe "eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner", sagte der Sprecher.

Der Feuertod in Papenburg hatte sich vor gut drei Wochen in einem Einfamilienhaus ereignet, in dem 33 Arbeiter angemeldet waren. Seither tauchen immer mehr erschreckende Details zu Massenunterkünften und Dumpinglöhnen von Werkvertragsarbeitern aus Osteuropa auf.

Bei einer Informationsveranstaltung in Papenburg hatte sich kürzlich die Nachbarin des Brandhauses, Petra Schulte, zu Wort gemeldet. Sie beteuerte, dass sie und ihr Mann zehn Jahre lang immer wieder das Ordnungsamt angerufen und dort sogar persönlich vorgesprochen hätten, um sich über die Verhältnisse zu beschweren. "Ich habe immer wieder gesagt, das Haus ist zu klein für so viele Leute, irgendwann brennt das hier noch mal", sagte sie hinterher dem NDR. Auch die Polizei sei oft im Haus gewesen, bestätigte sie.

Doch irgendwo müssen die Hinweise der Nachbarn versackt sein. Zumindest die in Papenburg führende CDU samt Bürgermeister Jan Peter Bechtluft will davon nichts gewusst haben. Der Bürgermeister sei über die Beschwerden nicht informiert gewesen, sagt der Sprecher der Stadt. Diese seien im Ordnungsamt bearbeitet und "nicht an die Verwaltungsspitze weitergegeben" worden.

Dabei gab es Hinweise von anderer Stelle. Im Mai hatten die Grünen im Papenburger Stadtrat nachgefragt, inwieweit sogenannte Monteurswohnungen - so heißen die Arbeiterunterkünfte in der Region - überprüft würden. Doch auch diese Anfrage rüttelte keinen auf. "Von einer Überbelegung und nicht ordnungsgemäßen Unterbringung dieses Personenkreises in Unterkünften ist der Stadt nichts bekannt", heißt es in der schriftlichen Antwort.

Auf der Meyer-Werft arbeiten geschätzt mehrere Hundert Osteuropäer als Werkvertragsarbeiter. Der Schiffbauer hat sich inzwischen zu einer Sozialcharta verpflichtet. Sie umfasst einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro - auch für die Angestellten von Subfirmen. Die Charta schreibt vor, dass die Arbeiter in von der Gemeinde zertifizierten Wohnungen leben müssen. Andernfalls droht die Werft mit einer Kündigung der Aufträge.

Ende Juli hat die Werft zudem eine Arbeitsgruppe eingerichtet, geleitet vom früheren niedersächsischen Justizminister Walter Remmers. Der CDU-Politiker ist gebürtiger Papenburger. In der Task-Force arbeiten leitende Mitarbeiter, Betriebsratschef Thomas Gelder und eine Vertreterin der IG Metall mit. Die Gruppe soll überprüfen, wie Werkvertragsarbeitnehmer bei Subunternehmen beschäftigt und untergebracht sind. Das ist viel Arbeit: Die Werft arbeitet pro Schiff mit bis zu 1000 Firmen zusammen, auf der Werft arbeiten im Schnitt 1500 Werkvertragsarbeitnehmer. Erste Ergebnisse sollen Mitte Oktober vorliegen.

Der Brand beschäftigt inzwischen auch die Justiz. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt wegen des Verdachts auf Menschenhandel.

© SZ vom 07.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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