Murdoch mit "Wall Street Journal":Die Kronjuwelen des Weltenherrschers

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Rupert Murdoch beherrscht gleich mehrere Welten der Medien - nun fügt der ultrakonservative Eroberer seinem Reich auch noch das Wall Street Journal hinzu.

Hans-Jürgen Jakobs

Einmal nannten sie ihn einen "Hai im Gewand einer Schlange", und das ist noch eine der freundlicheren Bezeichnungen für Keith Rupert Murdoch. Für jenen Mann also, der in Jahrzehnten über den Globus hinweg Medien gekauft hat wie andere Dosensuppen im Supermarkt. Für jenen Eroberer, der sich nun mit dem Wall Street Journal die Kronjuwelen des Wirtschaftsjournalismus leistet.

Nachdem genügend Mitglieder der Bancroft-Verlegerfamilie ihr Plazet gegeben haben - einen schönen Verkaufserlös von 5,6 Milliarden US-Dollar vor Augen - ist der Weg frei für den Kosmopoliten des Raubtier-Kapitalismus.

Die Redaktion hatte sich gegen den ultrakonservativen Amerikaner, der Margaret Thatcher und Singapurs Staatsführung bewundert, noch heftig gewehrt, weil es nur zu bekannt ist, wie sich Murdoch in die politische Agenda seiner Zeitungen einmischt. Nun soll ein kleines Komitee über die journalistische Unabhängigkeit des Journals wachen. Als gäbe es das nicht auch bei Murdochs The Times in London, ohne dass von größeren Auswirkungen auf die verlegerische Willensbildung berichtet werden kann.

In guten Science-Fiction-Romanen spielen bekanntlich mächtige Medienlenker eine Rolle. Auch Murdoch, 76, hat sich zum Weltenherrscher aufgeschwungen - aber es ist die Jetzt-Zeit und keine Zukunftswelt, die er beherrscht. Der Mann ist der König der Kontinente.

In seinem Geburtsland Australien ist er mit mehr als 100 Zeitungen eine druckvolle Macht. In Großbritannien geht wenig ohne den Verleger von News of the World, Times und Sun, der zudem mit BskyB das Satellitenfernsehen beherrscht. In den USA - Murdoch ist seit 1985 amerikanischer Staatsbürger - besitzt er das Hollywoodstudio 20th Century Fox, baute Fox als großes Network auf und machte aus der einst liberalen New York Post ein Revolverblättchen.

In Asien drängt er mit Star-TV in die Haushalte. Im Internet besitzt er mit MySpace eine der bekanntesten Communities - und in seinem Buchverlag Harper Collins druckt er Biographien, die Freunden helfen. Wenn sie nicht helfen, fallen sie einfach aus, wie zum Beispiel die Erinnerungen des einstigen Gouverneurs von Hongkong. Das Buch missfiel den Machthabern in China, die Murdoch für seine geplante Expansion braucht.

Murdoch macht die Arbeit an einer Kampagnenschlagzeile Spaß

Dem Weltenherrscher ist wenig heilig außer dem eigenen Verbreitungsdrang. Im persönlichen Gespräch ist er witzig, ein pointierter Formulierer, der auch schwierige Sachverhalte in gallige Kurzkommentierungen zu bringen versteht. Murdoch ist jemand, dem die Arbeit an einer gepfefferten Kampagnenschlagzeile Spaß macht. Als Student in Oxford verkündete er einst sogar kommunistische Parolen und hatte eine Lenin-Büste auf dem Schreibtisch stehen.

Längst aber ist er einer, der die Gesellschaft nach seinen ordoliberalen Prinzipien ausrichten will, und hierfür geeignete Helfer aufbaut oder verstößt, je nach Eignung. In England machte er vor zehn Jahren Schluss mit den Tories unter dem langweiligen John Major und favorisierte lieber Tony Blair. Der charismatische Held von New Labour zeigte sich erkenntlich.

In Deutschland war Murdoch für einen publizistischen Tiefpunkt verantwortlich, für die Zeitung Super!, die nach der Wende mit allerlei bluttriefenden Schlagzeilen zur Bild-Zeitung des Ostens werden wollte, was dann doch zu ambitioniert war.

Den kurzen Ausflug ins Souterrain des Journalismus machte er mit dem Münchner Verleger Hubert Burda. Später besaß Murdoch für einige Zeit den Kölner Fernsehsender Vox und war an der Leo-Kirch-Gruppe und dessen Pay-TV Premiere beteiligt. Vom bayerischen Landesfürsten Edmund Stoiber wurde er damals hofiert, doch nach der Kirch-Pleite wurde Murdoch das deutsche Land zu kompliziert.

Er hatte andere Pläne. Das Feld der Wirtschaftsmedien gehört dazu, und eine Zeit lang sah es so aus, als wolle Murdoch die Financial Times kaufen. Doch die Gespräche mit dem Eigentümer Pearson waren weniger erfolgversprechend als die in New York für das Wall Street Journal. Jetzt hat der Medientycoon freie Bahn für seine Idee, in einer Kombination zwischen Print und Online die Marke zu stärken. Und er kann mit seinem Einfluss auf Berichterstattung sowohl in der Politik als auch in der Finanzindustrie punkten.

Der Respekt - oder besser der Argwohn - vor Murdoch wird mit dem heutigen Tage steigen. Den Ritter des päpstlichen Gregoriusordens, der seinen Sohn James als Nachfolger aufbaut, dürfte das nicht weiter stören. Der Chef von News Corporation, dem viertgrößten Medienhaus der Welt, sieht die Chance, weiter aufzusteigen.

Im hohen Alter will er es noch einmal wissen - und geht wie alle Weltenherrscher davon aus, unsterblich zu sein.

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