Multiunternehmer:Ein Bauer und Träumer

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Wolfgang Maier hat sich mit dem Mawell-Resort in der Hohenloher Ebene einen Wunsch erfüllt, obwohl ihm viele davon abrieten. Nun hat der erfolgreiche Landwirt und Hotelier schon die nächsten Pläne.

Von Dagmar Deckstein

Während einen das Navi die letzten 17 Kilometer von der A6 Heilbronn-Nürnberg über Stock und Stein, kleine Feld- und Waldstraßen nach Langenburg lotst, schleicht sich langsam die Furcht in den Hinterkopf, ob es sich hier am Ende um so eine dieser vielbelachten Irreführungen der kleinen, digitalen Zielfinder handeln könnte, wenn Lkws auf Waldwegen oder Autos im Kanal stranden. Wieso und wo in dieser abgeschiedenen Landschaft soll sich um Himmels willen ein ausgedehntes Fünfsterne-Wellnessresort verstecken? Aber nein, alles korrekt: Plötzlich geht es von der Landstraße 1037 links ab - und schon liegt es da in seinen gewaltigen Ausmaßen, das Mawell-Resort.

Das Navi beendet seinen Dienst, aber "Hier beginnt es" steht über dem kleinen, überdachten Eingang neben dem Parkplatz, von dem aus es aber erst mal einen "Entschleunigungsgang" von 160 Metern bis zur Rezeption zu durchwandern gilt. Dort eröffnet sich dann ein atemberaubender Panoramablick über das Jagsttal und auf das gegenüberliegende Schloss Langenburg.

Wolfgang Maier steht schon vor dem kleinen Wasserbrunnen gegenüber der Rezeption. Am Brunnenrand ein kleines Schild: "Erfahrung ist die Summe aller Pleiten." Ein Menetekel für den Dreifach-Unternehmer Wolfgang Maier? "Aber nein", lacht er. "Eine Pleite habe ich noch nie hingelegt, höchstens mal die eine oder andere Enttäuschung erlitten."

Erfahrungen indessen hat dieser Multi-Unternehmer aus dem Hohenlohischen inzwischen reichlich gesammelt. Zuletzt mit diesem Wellnessresort, das er im September 2013 eröffnete, und für das hier in der Hohenloher Ebene aus einem Muschelkalkfelsen 8000 Tonnen Gestein herausgehauen wurden. 66 Zimmer, Innen- und Außenpoolbereiche auf verschiedensten Ebenen, Saunen und Massageabteilungen, alles terrassenförmig auf einem Terrain erbaut, wo Fürsten vor 500 Jahren Burgen errichtet hätten.

Wolfgang Maier, 57, ist so eine Art Vorzeigeexemplar für die landestypische Schlitzohrigkeit, die den Hohenlohern nachgesagt wird. Wohl nicht von ungefähr verfügt die Region im Nordosten Baden-Württembergs über die höchste Weltmarktführer-Dichte bundesweit - vom Künzelsauer "Schraubenkönig" Würth bis zu den Ventilatoren-Herstellern EBM-Papst und Ziehl-Abegg.

Maier ist nun kein Weltmarktführer, eher so eine Art führender Bauer. Oder, wie er verschmitzt tiefstapelnd sagt: "Ich bin Bauer - Hallenbauer, Bürobauer und Hotelbauer." Zum Letzteren wurde Wolfgang Maier eher nolens denn volens.

In Langenburg war 2007 das kirchliche Feriendorf Roseneck geschlossen worden, weil es sich nicht mehr rentierte, und Maier gehörte bereits ein Teil des Erbpachtareals an dieser Kante des Jagsttals. Den Rest kaufte er noch dazu, aber vorgeschwebt sei ihm zunächst nur eine Wohnbebauung auf diesen 80 000 Quadratmetern. Doch es kam anders.

Letzter Auslöser war ein älteres Ehepaar in einem Südtiroler Wellnesshotel, wo Maier mit seiner Lebensgefährtin Urlaub machte. Die beiden Alten klagten, dass sie nach vielen Jahren nun letztmals in das Hotel kämen, weil ihnen die lange Anreise über 300 Kilometer zu strapaziös werde. Aha, dachte Maier, das wäre es doch: Ein Wellnesshotel fast vor der Haustür, nur maximal 100 Kilometer entfernt für Gäste aus Würzburg, Nürnberg, Stuttgart, Heidelberg, Heilbronn. "In diesem Umkreis leben immerhin zehn Millionen Einwohner", sagt der Unternehmer und inzwischen auch Hotelgeschäftsführer Maier.

Aber was haben sie ihm damals - 2008 war es - in den Ohren gelegen. Berater meinten, das sei ja völlig wahnwitzig, mitten in der Pampa der Hohenlohischen Ebene ein derartiges Prestige-Projekt aus dem Boden stampfen zu wollen. Wenn überhaupt, könne Maier so etwas am Stuttgarter Flughafen planen. Aber schon trat bei Maier neben seiner Schlitzohrigkeit auch sein hohenlohischer Dickschädel in Aktion, nach dem Motto: Jetzt erst recht, wollen doch mal sehen!

Um das vorläufige Endergebnis schon mal vorwegzunehmen: Das Mawell-Resort "In the Middle of nowhere" hat sich in einer Art und Weise entwickelt, von der andere deutsche Hoteliers nur träumen können. 80 Prozent Auslastung. Die Durchschnittsbelegung deutscher Beherbergungsstätten beträgt gerade mal zwischen 40 und 50 Prozent. Bei einem Umsatz von 6,5 Millionen Euro im Jahr schreibe das Hotel zudem "richtig gute schwarze Zahlen", verrät Maier. Und was ihn am meisten schmerzt ist der Umstand, dass die Absagen für Möchtegern-Gäste mittlerweile die realen Buchungen bei Weitem überschritten. Also wird Wolfgang Maier in Kürze ein weiteres Business-Hotel mit 48 Zimmern auf seinem Areal bauen, für die Kunden, die im Mawell Kongresse oder Konferenzen abhalten.

Da hat sich der vielseitige Unternehmer schon wieder ein "Schmankerl" ausgedacht: "Die Konferenzteilnehmer können ihre Männer oder Frauen mitbringen, und die schlafen dann umsonst im Doppelzimmer." Aber nutzen so lange das Wellness-Angebot des Hotels, gerne auch mit seinen kostenpflichtigen Massage- und Beauty-Angeboten. Wie um dem ganzen Unternehmen noch die Krone aufzusetzen, thront über dem Resort ein 38 Meter hoher Turm, der eher an den Ausguck einer DDR-Grenzanlage oder an einen Flughafen-Tower gemahnt.

Aber Maier wollte halt, wie immer, noch eins draufsetzen: Einen Pool und eine Bar beherbergt dieses Bauwerk, über dessen Genehmigung seitens der Behörden sich Maier nach wie vor wundert. Bald soll dann noch ein weiteres spektakuläres Bauwerk im Mawell-Resort von sich reden machen. Maier plant eine 320 Meter lange und 1,80 Meter breite Wasserrinne in 40 Metern Höhe auf Stelzen zwischen die Baumwipfel zu errichten; da können die Gäste dann vom Außenpool aus sozusagen durch den Wald schwimmen.

Spätestens jetzt erhebt sich die Frage: Wie stemmt ein "staatlich geprüfter Landwirt", als der sich Maier nach wie vor berufsbezeichnet, eine solche Investition von insgesamt 20 Millionen Euro? Muss man da nicht Riesenkredite bei Banken aufnehmen, die dann bei einem offenbar beratungsresistenten Wellness-Resort-Erbauer sehr kalte Füße bekommen?

"Ach was", lacht Maier. "Ich hab gerade mal zehn Prozent der Investitionskosten als Kredit gebraucht." Und Maier hatte jede Menge Sicherheiten im Hintergrund. Der Neu-Hotelier ist auf einem Bauernhof in Atzenrod, einem Weiler unweit von Langenburg, aufgewachsen. Bei seinem Vater ging er in die Lehre, kehrte nach seinem Wehrdienst aber nicht auf den väterlichen Hof zurück. "Wir sind beide dominante Persönlichkeiten und passten einfach nicht zusammen", sagt Maier.

Stattdessen verdingte sich Maier bei einem Bauunternehmen, das Ställe und Gewerbehallen in Leichtbauweise errichtete. 17 Jahre lang leitete Maier dort die Montage, bis er sich 1997 selbständig machte und seine Firma Farmbau gründete, die sich auf landwirtschaftliche Fertigbauten in Massivbauweise spezialisierte. Seine Fertigbauelemente, Modulställe und Großflächenschalungen hat sich Maier patentieren lassen. Längst gehören nicht nur Landwirte zu den Kunden. Maier hat mit seiner dritten Firma Komminvest allein 20 Gewerbehöfe mit einer Fläche von zusammen 50 000 Quadratmetern für Jungunternehmer errichtet. Die haben im Hohenlohischen inzwischen rund 1200 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Mit diesen beiden Firmen erzielt Maier einen jährlichen Umsatz von rund 25 Millionen Euro. Und das im Zeitalter des landwirtschaftlichen Strukturwandels und Bauernhofsterbens? "Ja gerade", verrät Maier. "Wegen der immer höheren bürokratischen Anforderungen können die übrig gebliebenen Hofbetriebe mit 20 Jahre alten Rinder-, Schweine- oder Hühnerställen nicht mehr überleben. Also heißt es neu bauen."

Maiers Farmbau-Firma geht es blendend, also durfte er sich mit all seinen finanziellen Sicherheiten im Hintergrund aus Bankensicht durchaus so eine Art persönliches Hobby wie das Mawell-Resort leisten. Dass das jetzt auch noch zum Geschäftserfolg des Hohenlohers Wolfgang Maier beiträgt, das hat der Multi-Unternehmer wohl nicht zuletzt seiner hohenlohischen Dickschädeligkeit zu verdanken. Nicht nur, dass er Ab-Beratern von seinem Wellness-Projekt die Tür gewiesen hat, auch gleich zwei Architekten hat er seinerzeit hochkant hinausgeworfen. "Der eine war zu teuer, der andere konnte es nicht", so Maier kurz und bündig. Also setzte er sich selbst und seine Stallbau-Mannschaft an Planung und Umsetzung des Projekts.

Aber es wäre ja noch mal schöner, wenn dem leidenschaftlichen Tüftler, Innovator und Patente-Inhaber nicht schon wieder etwas Neues eingefallen wäre. Jetzt interessiert er sich für Hochhausbau in Mega-Citys und hat da schon ein Modell entworfen: Pyramidenförmig, stabil, begrünt, mit Parkhaus im Hochhauskern, in dem die Bewohner mit ihren Autos bis praktisch vor die Wohnungstür hochfahren können. Platzsparend ist das Ganze auch noch und, wie Maier hervorhebt: "Solche pyramidenförmigen Hochhäuser fallen auch bei einem Flugzeugattentat nicht wie die Türme des World Trade Center zusammen."

Kein Modell für Hohenlohe - aber für die restliche Welt. Demnächst hält Unternehmer Maier einen Vortrag vor Stadtplanern über seine neueste Erfindung. Die, wie viele andere, seiner größten Leidenschaft entspricht: "Ich möchte alles Komplizierte einfacher machen."

© SZ vom 08.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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