MTU:Keine Angst vor neuer Mutter

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Der Chef des Triebwerksherstellers MTU, Klaus Steffens, sieht aktuell "keinen Grund", wegen eines eventuellen Verkaufs durch die Muttergesellschaft DaimlerChrysler besorgt zu sein.

Gerhard Bläske

(SZ vom 16.06.03) - Viel mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm die Branchenkrise. Er erwartet "nicht vor 2005 ein Anspringen der Konjunktur auf dem zivilen Flugzeugmarkt".

Seit dem Verkauf des italienischen Herstellers Fiat Avio an den US-Finanzinvestor Carlyle und die italienische Finmecchanica gibt es Spekulationen, Daimler-Chrysler könnte MTU an die Amerikaner abgeben.

Doch das ist nicht zwingend. Steffens sieht keinen Grund zur Unsicherheit für den deutschen Triebwerkshersteller: Die nötigen Mittel für Investitionen konnte das Unternehmen bisher immer selbst aufbringen.

Italiener wollten immer das Sagen haben

Er ist erleichtert, dass bei Fiat Avio nicht die französische Snecma, sondern Carlyle den Zuschlag erhielt. Er sieht diese neue Konstellation als günstiger an: "Der Verkauf erleichtert eher eine Zusammenarbeit, weil unter dem früheren Eigner Fiat immer die Italiener das Sagen haben wollten."

Die schlechte Konjunktur und der schwache Dollar werden laut Steffens "trotz guter Währungsabsicherung" den Umsatz auch 2003 zurückgehen lassen. Bereits 2002 waren die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr von 2,5 auf 2,2 Milliarden Euro gesunken.

Zwar ist der MTU-Chef überzeugt, dass der zivile Flugzeugmarkt wieder Wachstumsraten von 4,5 bis fünf Prozent erreichen wird, doch er erwartet ein "Wiederanspringen nicht vor 2005".

Hoffnung auf das Wartungsgeschäft

Eine Belebung könne MTU aber schon spüren, wenn der Passagierverkehr wieder zunehme und derzeit eingemottete Flugzeuge aktiviert würden, weil dann das für die Erträge entscheidende Wartungs- und Ersatzteilgeschäft wieder anlaufe.

Einstweilen muss die MTU in Vorleistung gehen, weil etwa die Entwicklung der Triebwerke für das Großraumflugzeug A 380 und den Airbus A 318 ansteht, bei der sich MTU wichtige Anteile gesichert hat.

Auch beim Triebwerksauftrag für den Militärtransporter A 400 M hat sich MTU laut Steffens "strategisch gut positioniert". So wird unter anderem die Endmontage in Deutschland stattfinden. MTU baut dafür in Ludwigsfelde bei Berlin einen neuen Prüfstand.

Langfristig neue Arbeitsplätze

Langfristig werden in Ludwigsfelde 240 neue Arbeitsplätze entstehen, "aber nicht auf Kosten von München", wie Steffens betont. Zwar müsse am Firmensitz "ein sehr moderater Personalabbau vor allem im Verwaltungsbereich" vorgenommen werden - es sollen rund 350 Stellen wegfallen. Doch dieser Schritt wäre sowieso gekommen und unter anderen Umständen nur längerfristig gestreckt worden.

Steffens weist darauf hin, dass bei der Ingenieurgesellschaft Atena, die auch für andere Kunden arbeitet, 500 neue Jobs geschaffen wurden und MTU in München 5.800 Beschäftigte hat. "Hier wird die Zentrale und der wichtigste Entwicklungsstandort bleiben."

Steffens ist von einer Konsolidierung im Triebwerksmarkt überzeugt, weil es in Europa zu einer Vereinheitlichung des Materials etwa bei den Kampfflugzeugen und einem Abbau der Überkapazitäten kommen müsse.

"Großes Triebwerks-Unternehmen unwahrscheinlich"

"Ein großes europäisches Triebwerks-Unternehmen ist aber unwahrscheinlich, weil die einzelnen Unternehmen transatlantisch eng mit US-Konzernen verflochten sind." Steffens glaubt eher an Zusammenschlüsse zwischen "Mittelgroßen" wie MTU, Fiat Avio und Volvo.

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