"Mr. Euro":Früherer EZB-Präsident Duisenberg ist tot

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Der 70-Jährige ist in seiner Villa in Südfrankreich im Swimmingpool ertrunken. Offenbar litt er unter Herzproblemen. Die Staatsanwaltschaft schließt ein Verbrechen aus.

Er starb eines natürlichen Todes an den Folgen einer Herzschwäche", sagte Staatsanwalt Jean-François Sampieri. Die Ehefrau Duisenbergs hatte die Polizei alarmiert.

Wim Duisenberg starb im Alter von 70 Jahren in seiner Villa in Südfrankreich. (Foto: Foto: AP)

Duisenberg war am Sonntag im Pool bewusstlos aufgefunden worden. Alle Versuche ihn wiederzubeleben, seien gescheitert, hieß es.

Zur Art des Herzproblems sowie zu weiteren Ergebnissen der Autopsie machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben.

Der Niederländer Wim Duisenberg war der erste Präsident der Europäischen Zentralbank und stand von Mai 1998 bis Herbst 2003 an der Spitze der Institution.

Mister Euro

Mit der Einführung der europäischen Einheitswährung - der größten Geldumstellung aller Zeiten - handelte er sich den Spitznamen "Mister Euro" ein.

Der am 9. Juli 1935 im niederländischen Heerenven geborene Duisenberg galt in Bankerkreisen als Garant für Stabilität. Wer ihn traf, hätte den Mann mit dem manchmal etwas wirren weißen Haar wahrscheinlich eher für einen Künstler oder Museumsdirektor, aber weniger für den wichtigsten Währungshüter in Euroland gehalten.

Der studierte Wirtschaftswissenschaftler begann seine Karriere in den 60er Jahren nach einer Lehrtätigkeit an der Amsterdamer Universität beim Internationalen Währungsfonds in Washington.

"Furchtbarer Verlust"

1973 zog es den Sozialdemokraten als niederländischen Finanzminister in die Politik. Von seiner ursprünglichen Überzeugung, der Staat müsse mit starken öffentlichen Investitionen das Wirtschaftswachstum ankurbeln, rückte er mit fortschreitendem Alter ab und setzte fortan auf einen harten Sparkurs der Regierung und die Reduzierung des Haushaltsdefizits.

1982 wurde Duisenberg niederländischer Zentralbank-Chef, 1998 der erste Chef der Europäischen Zentralbank. Duisenberg führte die Zentralbank mit Sitz in Frankfurt am Main bis Oktober 2003, dann wurde er von dem französischen Nationalbanker Jean-Claude Trichet abgelöst.

Trichet sprach von einem "furchtbaren Verlust" und würdigte Duisenbergs Leistungen beim Aufbau Europas und der europäischen Währungsinstitutionen. Duisenberg habe eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Einführung des Euros und der Gewährleistung des Vertrauens in die Gemeinschaftswährung gespielt, erklärte er und sprach der Familie sein herzlichstes Beileid aus.

"Außergewöhnlicher Ruf als Finanzexperte"

Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel würdigte die Verdienste Duisenbergs bei der Einführung des Euros. In seiner Zeit als EZB-Präsident habe Duisenberg "mit seiner ruhigen Art die so wichtige Vertrauensgrundlage für den Euro in der Bevölkerung mit geschaffen und gefestigt", erklärte Eichel in Berlin. "Auch über dieses Projekt hinaus genoss Wim Duisenberg einen außergewöhnlichen Ruf als Finanzexperte."

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia lobte Duisenbergs Leistungen als EZB-Präsident. "Herr Duisenberg hat mit Nachdruck und Überzeugung zum Erfolg eines der bedeutsamsten Projekte der neueren europäischen Geschichte beigetragen", erklärte er.

In einer ersten Reaktion sprach der französische Premierminister Dominique de Villepin von "großer Traurigkeit" angesichts der Nachricht vom Tode Duisenbergs. Villepin hob Duisenbergs wichtige Rolle bei der Währungseinführung hervor und sprach dessen Familie sein Beileid aus.

Duisenberg hinterlässt Frau Gretta Duisenberg-Bedier de Prairie, mit der er in zweiter Ehe verheiratet war, und zwei erwachsene Söhne aus erster Ehe.

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