Mögliche Werksschließungen:General Motors relativiert Aussagen zu Opel

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Über die Zukunft der europäischen GM-Standorte soll der Konzernspitze zufolge frühestens 2010 entschieden werden.

Michael Kuntz

Zu den Sorgen um den Fortbestand der europäischen Astra-Werke hieß es am Mittwoch in der Umgebung von Konzernchef Rick Wagoner in Genf, über die Zukunft der Fabriken werde erst mit den Investitionen für den Nachfolger des aktuellen Astra-Modells entschieden. Das sei aber frühestens im Jahr 2010 der Fall.

Dabei werde es nicht nur um die Astra-Werke in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien gehen, sondern auch um zwei Werke bei Saab in Schweden und GM in Polen, die momentan Fahrzeuge auf derselben Plattform wie den Astra produzieren. Dessen aktuelles Modell befindet sich zwar bereits im fünften Jahr des bei Autos normalerweise auf sieben Jahre veranschlagten Lebenszyklus. Dieser Astra verkaufe sich aber noch immer ausgesprochen gut. So seien 2005 statt der geplanten 450.000 Fahrzeuge europaweit 530.000 abgesetzt worden.

Befürchtungen in Bochum

"Wir sind angetan von dieser positiven Entwicklung", sagte ein Insider. Die Belegschaften in den Astra-Werken müssten sich derzeit noch keine Sorgen um ihre Beschäftigung machen. Zur Zeit wird in drei Schichten rund um die Uhr produziert. Vorige Woche hatte der Betriebsrat in Bochum befürchtet, es könnten Nachtschichten wegfallen, und am Mittwoch kam die Sorge aus Großbritannien hinzu, es könnten Werke überflüssig werden.

Der bei Opel zwischen Management und Arbeitnehmern geschlossene Zukunftsvertrag sieht allerdings durchaus vor, die Produktionskapazität entsprechend anzupassen, sobald die Nachfrage nach dem Astra im Vorfeld des geplanten Modellwechsels zurückgeht. GM-Europachef Forster hatte zur Financial Times gesagt, dass GM womöglich das eine oder andere Werk schließen müsse. Bis zum Herbst 2006 werde es jedoch keine Entscheidung geben.

Rick Wagoner legte unterdessen ein klares Bekenntnis zur Marke Saab ab. "Wir werden fortfahren, in Saab zu investieren", sagte er in Genf. Es gebe bei GM keinerlei Pläne, sich von seiner schwedischen Tochterfirma Saab zu trennen, sie zu verkaufen oder einzustellen, meinte er auf entsprechende Fragen. GM-Großaktionär Kirk Kerkorian hatte unlängst vom Management die Trennung von den wenig rentablen Marken Saab und Hummer gefordert. Nach Gesprächen mit GM-Vize Bob Lutz habe Kerkorian jedoch seine Meinung über Saab geändert, sagte Wagoner. Der Investor halte also nicht länger an seiner Forderung fest. Wagoner lehnte es ab, Vorgänge im Umfeld seines Aufsichtsrates zu kommentieren. Kerkorian verfüge nun über Hintergrundwissen, das er vorher nicht hatte.

GM will in diesem Jahr im Europa-Geschäft mindestens die Gewinnschwelle erreichen. "Unser Ziel für 2006 in Europa ist, den Breakeven zu erreichen oder besser abzuschneiden", bekräftigte Wagoner. Die Kosten für die Restrukturierung seien dabei nicht berücksichtigt. Mittelfristig peilt er im Europa-Geschäft eine Umsatzrendite von fünf Prozent an. Der mit Milliardenverlusten kämpfende amerikanische Autohersteller hatte vor wenigen Wochen eine Verschärfung seines Sparprogramms angekündigt.

Investorensuche für GM-Bank GMAC

Bis Ende 2008 sollen in Nordamerika 30.000 Arbeitsplätze abgebaut und zwölf Werke geschlossen werden. Ende Januar hatte General Motors für das vergangene Jahr einen Verlust von 8,6 Milliarden Dollar gemeldet. Davon entfielen 4,8 Milliarden Dollar allein auf das vierte Quartal.

Die Suche nach einem Investor für die GM-Bank GMAC war nach Aussagen Wagoners bislang erfolglos. "Es ist auch nicht so eilig", sagte er. Die Tochter des angeschlagenen Konzerns hat seit längerem das Problem, dass sie das gleiche schlechte Rating hat wie GM selbst. Analysten empfahlen daher, die Mehrheit der Anteile - etwa 60 Prozent - abzugeben, damit die Bank ein eigenes, besseres Rating bekommt und sich dann günstiger refinanzieren kann. Bei der Bank handelt es sich um ein ertragsstarkes Unternehmen, das 2005 drei Milliarden Dollar Reingewinn gemacht hat.

Generell sei General Motors auch in der Restrukturierungsphase für Kooperationen offen. Das zeige sich etwa daran, dass die jahrelange Zusammenarbeit mit dem japanischen Rivalen Toyota fortgesetzt werde. GM betreibt mit Toyota unter anderem ein Werk in Kalifornien und die Weiterentwicklung des Hybrid-Antriebes, einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotoren, die besonders im Stadtverkehr Vorteile bietet.

© SZ vom 2. März 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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