Modemarke:Gerry Weber stellt Insolvenzantrag

Lesezeit: 1 min

Rückbau: Die insolvente Modekette Gerry Weber muss viele Filialen wieder schließen. Sie war zu schnell gewachsen. (Foto: Violetta Kuhn/dpa)

Der Betrieb soll vorerst gesichert sein. Doch die Aktie ist fast nichts mehr wert.

Von Janis Beenen, Düsseldorf

Zumindest den Namen Gerry Weber kennen die meisten. Wenn nicht als Bekleidungsmarke, dann zumindest wegen des gleichnamigen Tennisturniers in Halle in Westfalen. Nun lebt ein Modehändler nicht durch seine Bekanntheit allein sondern von verkaufter Mode. In diesem Kerngeschäft lief es für die auf Damenbekleidung spezialisierte Firma schon länger nicht. Am Freitag hat Gerry Weber vor dem Amtsgericht Bielefeld den Antrag auf Insolvenz gestellt.

Betroffen sei ausschließlich die Muttergesellschaft Gerry Weber International mit rund 580 Mitarbeitern, teilte das Unternehmen mit. Für die Tochtergesellschaften wie Hallhuber seien keine Anträge gestellt worden. Zuvor seien Gespräche mit den finanzierenden Banken gescheitert. Der Aktienkurs von Gerry Weber rutschte nach der Mitteilung am Freitag zwischenzeitlich um 75 Prozent auf 44 Cent. Der Handel wurde kurzzeitig ausgesetzt.

Der Insolvenzantrag ist die Folge einer langen Krise. Anfang des Jahres 2015 notierten die Aktien des Unternehmens noch bei knapp 37 Euro. Doch Gerry Weber konnte etliche Probleme nicht lösen. Das Digitalgeschäft läuft schwach, gleichzeitig hatte sich Gerry Weber mit der Eröffnung neuer Filialen übernommen. Zudem machten angesagte Konkurrenten wie H&M und Zara den Wettbewerb für das 1973 gegründete Unternehmen härter. Das Image der Kernmarke sei bieder und altbacken geworden, gestand das Management von Gerry Weber ein. Um zu sparen, soll es einen Stellenabbau und Filialschließungen geben. So sollen weltweit bis zu 900 von 6500 Arbeitsplätzen und etwa 230 Filialen wegfallen. Gerry Weber verzeichnete für das Geschäftsjahr 2017/18 einen Vorsteuerverlust von über 192 Millionen Euro.

Auch andere Firmen auf dem deutschen Modemarkt haben Probleme. Esprit oder Tom Tailor verzeichnen rote Zahlen. Vertreter von Gerry Weber bemühen sich trotz der Insolvenznachricht um Zuversicht. Die Finanzierung des Betriebs sei nach derzeitigem Stand bis ins Jahr 2020 gesichert. Ziel sei es, das Unternehmen "im Zuge der laufenden Restrukturierung zu sanieren".

Erstaunlich ist, dass die Gerry-Weber-Aktie bereits am Donnerstag um knapp 26 Prozent nachgab, obwohl das Unternehmen da noch keine schlechten Nachrichten verkündet hatte.

Bereits am 21. September wurden ungewöhnlich viele Aktien der Modefirma gehandelt. Damals gab Gerry Weber bekannt, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben - allerdings erst am späten Abend nach Börsenschluss. Den Aktienhandel an jenem Tag bemerkte auch die Finanzaufsicht Bafin. Sie leitete eine förmliche Untersuchung auf Insiderhandel ein. Das Unternehmen wollte sich weder zu der Untersuchung noch zur Kursentwicklung am Donnerstag äußern.

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: