Mobilfunk:Ein Handy für jeden

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Für die Mobilfunk-Branche ist der Markt noch lange nicht gesättigt. In einigen europäischen Ländern gibt es zwar bereits mehr Handys als Einwohner - doch in Deutschland ist das noch nicht der Fall.

Von Antonie Bauer

Der Zählerstand auf der Homepage der 3GSM Association klettert unaufhörlich.

Die Handybetreiber wollen, dass ihre Kunden mehr Zeit im Mobilfunk-Netz verbringen - sie locken mit Videospielen, Musik und Fernsehangeboten. (Foto: Foto: dpa)

Mehr als 1,23 Milliarden zeigt er bereits an: So viele Menschen auf der Welt besitzen ein Handy, das nach dem am weitesten verbreiteten und in Europa üblichen GSM-Standard funktioniert; über andere Netze telefonieren weitere 400 Millionen.

Einige Mobilfunkteilnehmer haben nur ein Notfalltelefon im Handschuhfach liegen, andere haben ihren Festnetzapparat komplett ersetzt.

Alle zusammen ernähren sie eine Branche, die nach Einschätzung der Deutschen Bank dabei ist, zu einem der weltweit führenden Wirtschaftszweige zu werden.

Neue Impulse

Im vergangenen Jahr haben die Mobilfunkbetreiber den Marktforschern von Idate zufolge in 27 europäischen Ländern bereits 140 Milliarden Euro umgesetzt. Mehr als ein Zwischenstand soll das aber nicht bleiben.

Deshalb werden sich vom Montag an Manager aus aller Welt auf dem 3GSM World Congress in Cannes, der größten Branchenmesse, wieder einmal die Köpfe über Wachstumsstrategien zerbrechen.

Mobilfunkbetreiber, die Hersteller von Handys und Netzwerken sowie die Anbieter von Anwendungen aller Art präsentieren dort ihre Ideen, wie sie dem Markt neue Impulse geben können.

Auf den ersten Blick scheint das zumindest in Westeuropa gar nicht so einfach. Schließlich ist es heute fast schon etwas Besonderes, kein Handy zu haben: Die deutschen Mobilfunkbetreiber etwa hatten zum Jahresende 71,5 Millionen Menschen unter Vertrag, rein rechnerisch 87 Prozent der Bevölkerung.

Deutsche bei Handybesitz nur schwaches Mittelmaß

Damit sind die Deutschen im europäischen Vergleich sogar nur schwaches Mittelmaß: Slowaken, Polen und Litauer haben zwar noch deutlich weniger Handys, die meisten Westeuropäer aber deutlich mehr.

Portugiesen, Schweden und Italiener besitzen nach Zahlen von Idate schon jetzt mehr als ein Mobiltelefon pro Kopf; bei den Luxemburgern sind es bereits 1,3.

Für die Betreiber bedeutet diese Statistik zweierlei: zum einen, dass die Grenzen des Wachstums noch lange nicht erreicht sein müssen. Denn bis der Rest der Welt zu Luxemburg aufgeschlossen hat, können sie rein theoretisch noch Milliarden Menschen mit Verträgen beglücken; sogar in den Industrieländern ist noch reichlich Potenzial.

Alleine Vodafone hofft in Deutschland 2005 auf 1,5 bis zwei Millionen Neukunden. Auch der kleinere, in letzter Zeit aber ebenfalls sehr erfolgreiche Konkurrent O2 rechnet in den nächsten ein oder zwei Jahren noch nicht mit einer Verlangsamung.

Größte Quasselstrippen schon bedient

Eine 100-prozentige Marktdurchdringung liegt in Reichweite, und dazu ist es nicht notwendig, auch noch Säuglinge mit einem Telefon auszustatten: Immer mehr Menschen haben neben ihrem Privathandy noch ein dienstliches; immer mehr nutzen nebenher noch andere Geräte, die den Mobilfunk-Betreibern ebenfalls regelmäßige Einnahmen bescheren - sei es eine Karte zur schnurlosen Datenübertragung vom Laptop aus, oder ein "Blackberry" genanntes Gerät für den Versand von E-Mails von unterwegs.

Zur dauerhaften Strategie taugt der Kampf um Neukunden dennoch nicht. Denn irgendwann sind die Potenziale erschöpft, und irgendwann lohnt sich die Anwerbung neuer Teilnehmer auch nicht mehr.

Allein die Subvention der Handys, die es als Dreingabe zu Laufzeitverträgen oft fast gratis gibt, kostet die Betreiber schon zwischen 100 und 200 Euro. Das zahlt sich nur dann aus, wenn die Neuzugänge ein Weilchen dabei bleiben und ihre Telefone fleißig nutzen.

Doch die größten Quasselstrippen haben meist schon längst ein Handy. Deshalb setzt Vodafone mit seinen neuen Teilnehmern im Schnitt weniger um als mit dem alten Kundenstamm. Auch darum wird es in all den Industrieländern, wo Mobilfunk schon weit verbreitet ist, immer wichtiger, die Kunden zur stärkeren Nutzung zu animieren.

Immer bessere Standards

Der Schlüssel dazu sind vor allem höhere Übertragungsraten und multimediale Angebote. Kaum hat die Einführung der schnellen UMTS-Technik begonnen, schon arbeiten die Netzwerk-Hersteller an neuen, besseren Standards.

Betreiber, Geräteproduzenten, Softwarefirmen und Dienste-Anbieter tüfteln währenddessen an Neuerungen, die Kunden dazu bringen sollen, möglichst viel Zeit im Mobilfunk-Netz zu verbringen: bei Online-Videospielen etwa, um Musik herunterzuladen oder gar um fernzusehen.

So stürmisch wie in der Vergangenheit wird die Branche in den Industrieländern zwar trotzdem nicht mehr wachsen. Doch selbst für das schon relativ gesättigte Europa prophezeien die Experten von Idate 2005 ein Umsatz-Plus von 6,8 Prozent.

© SZ vom 14.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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