Mitbestimmungsrechte:VW-Betriebsrat zieht gegen Porsche vor Gericht

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Der Streit zwischen dem Volkswagen-Betriebsrat und VW-Großaktionär Porsche um die Mitbestimmung eskaliert.

Die VW-Arbeitnehmervertretung habe beim Arbeitsgericht Stuttgart Klage gegen Porsche eingereicht, sagte ein Betriebsratssprecher am Montag. Außerdem soll die Eintragung der neuen Porsche-Holding ins Handelsregister mit einer Einstweiligen Verfügung blockiert werden.

Hintergrund des Konflikts ist die Mitbestimmungsregelung bei der Holding, in der die Familien Piech und Porsche ihre Aktivitäten beim Stuttgarter Sportwagenbauer und bei Europas größtem Autokonzern bündeln wollen.

Die VW-Arbeitnehmer sehen sich im Vergleich zur geltenden Regelung bei VW schlechter gestellt.

Kein Termin bei Wiedeking

"Wir wollten diese Fragen in Gesprächen mit Herrn Wiedeking erörtern", sagte der VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh der Berliner Zeitung. "Da wir aber bis heute auf einen Terminvorschlag warten, haben wir Klage beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereicht."

Die Regeln der Holding gingen eindeutig zu Lasten der VW-Arbeitnehmer. "Den Vertrag hat man, ohne uns zu beteiligen, aber schon heute so gestaltet, dass er praktisch unkündbar ist", sagte der Betriebsratschef der Zeitung weiter.

Ein Porsche-Sprecher gab sich gelassen. Das Unternehmen sei mit seiner Position sowohl bei der rechtlichen Herausforderung, als auch der versuchten Blockade des Eintrags ins Handelsregister, zuversichtlich. "Wir sind bei keinem von beidem beunruhigt", sagte ein Sprecher von Porsche, der weiter keine Stellungnahme abgeben wollte.

"Unbestreitbares Recht des Betriebsrats"

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff als Vertreter des zweitgrößten VW-Aktionärs appellierte an die Kontrahenten, sich zu einigen. "Es ist das unbestreitbare Recht des Betriebsrates, strittige Fragen rechtlich klären zu lassen.

Wir hoffen aber auf eine Verständigung zwischen VW-Betriebsrat und Porsche", sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hatte kürzlich bezogen auf die starke Rolle von VW-Betriebsrat und IG Metall sowie auf den VW-Haustarifvertrag gesagt, es dürfe keine "heiligen Kühe" geben. Daraufhin hatten die Arbeitnehmervertreter gedroht, Wiedeking riskiere einen Großkonflikt mit den Beschäftigten.

"Harmlose Äußerung"

Konzernchef Martin Winterkorn hatte während der IAA erklärt: "Wir diskutieren im Moment den Haustarifvertrag nicht." Wiedeking erklärte am Wochenende nun, das "Schlachten heiliger Kühe" habe er ganz allgemein gemeint. "Wenn aber aus einer harmlosen Äußerung ein solcher Aufruhr wird, dass die IG Metall sogar mit Kampfmaßnahmen droht, dann sage ich: Da muss ich wohl noch mal genauer hinsehen", sagte der Porsche-Chef.

Unterdessen griff VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh einem Pressebericht zufolge Wiedeking und indirekt auch Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück in einem internen Brief an alle 324.000 weltweiten VW-Konzern-Mitarbeiter an.

"Das Vorgehen des Porsche-Chefs steht dem Demokratieprinzip der sozialen Marktwirtschaft und der von unserem Kollegen Uwe Hück gelobten deutschen Mitbestimmung zutiefst entgegen."

Erstmals Brief an alle Standorte

Das berichtet die Wolfsburger Allgemeine Zeitung, die aus dem dreiseitigen Brief zitiert. Erstmals in seiner Amtszeit habe Osterloh an alle weltweiten Konzern-Mitarbeiter an 44 Standorte geschrieben.

In dem Brief kritisiere Osterloh mit Blick auf die neu gegründete "Porsche Holding SE", dass die 12.000 Arbeitnehmer "genauso viel Gewicht wie die der 324.000 Beschäftigten des Volkswagen-Konzerns erhalten".

Weiter heißt es: "Damit wir keinen Einfluss mehr auf unsere eigenen Geschicke nehmen können, hat sich der Porsche-Vorstand einen weiteren Kniff einfallen lassen. Der Vertrag der Holding SE ist praktisch unkündbar. Eine Kündigung ist frühestens nach zehn Jahren möglich. Und auch dann nur, wenn zwei Drittel der Arbeitnehmervertreter von Porsche im Betriebsrat der Porsche Automobil Holding SE zustimmen."

Kein Streit mit Porsche

Gegen Ende des Briefes beschwichtige Osterloh aber auch: "Hier geht es also keinesfalls um einen Streit mit Porsche, sondern lediglich um die Klärung unterschiedlicher Rechtsauffassung. Wir waren und sind der Überzeugung, dass die Partnerschaft mit Porsche für beide Seiten große Vorteile haben kann.

Uns schützt das Engagement der Familien Piech und Porsche vor der Übernahme durch Hedge-Fonds. Das finden wir gut. Porsche wiederum braucht VW, um nicht von den immensen Entwicklungskosten für Kleinserien aufgefressen zu werden.

Es geht also um eine Partnerschaft, die für beide Seiten Vorteile bringt. Diese Partnerschaft darf aber nicht einseitig zu Lasten der Rechte der VW-Belegschaft gehen."

Der Stuttgarter Sportwagenhersteller ist mit 31 Prozent größter Aktionär bei Volkswagen und besitzt nach Wiedekings Aussagen genügend Optionen, um seine Stellung deutlich auszubauen.

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