Mitbestimmungsrechte:Verdi durchleuchtet Lidl-Abschlüsse

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Verdi will mit Hilfe der Handelsregisterauszügen und Bilanzen nachweisen, dass der Discounter de facto ein Konzern ist, und daher die Bildung von Betriebsräten zulassen muss.

Verdi schaltete einen Rechtsanwalt ein, der bei den deutschen Registergerichten die entsprechenden Unterlagen prüfen soll. Der für den Einzelhandel zuständige Gewerkschafts-Experte Ulrich Dalibor bestätigte am Dienstag in Berlin einen Bericht der Zeitung Financial Times Deutschland. Ein Ergebnis soll bis Mitte 2005 vorliegen.

Lidl-Markt in Fellbach bei Stuttgart. (Foto: Foto: dpa)

Lidl mit Sitz in Neckarsulm bei Heilbronn ist hinter Aldi die Nummer zwei unter den deutschen Discountern.

Milliardenumsätze

Nach einer Untersuchung von Trade Dimensions/M+M Eurodata und der Lebensmittelzeitung erzielte die Kette 2003 einen geschätzten Gesamtumsatz von 17,3 Milliarden Euro. In etwa 2500 Filialen arbeiten nach Gewerkschaftsangaben zwischen 20.000 und 25.000 Beschäftigte.

Verdi wirft Firmengründer Dieter Schwarz vor, mit einer überaus verschachtelten Unternehmensstruktur Arbeitnehmerrechte auszuhebeln.

Die Gewerkschaft kritisiert seit längerem die Arbeitsbedingungen bei den Discountern in Deutschland. Im vergangenen März gab es bei Aldi, Lidl und der Drogeriemarktkette Schlecker Protestaktionen.

"Gespräche verweigert"

Alle bisherigen Bemühungen, bei Lidl Betriebsräte auf höheren Entscheidungsebenen zu installieren, verliefen allerdings erfolglos. Gespräche seien von dem Handelsriesen bislang konsequent verweigert worden, moniert Verdi.

Die Gewerkschaft will daher jetzt mit Handelsregisterauszügen und Bilanzen nachweisen, dass der Discounter ein einheitliches Unternehmen darstellt und auf Grund seiner Größe arbeitsrechtlich die Bildung von Betriebsräten zulassen muss.

Trotz des Umsatzes in zweistelliger Milliardenhöhe gleicht die Unternehmensstruktur Lidls eher der eines Mittelständlers: Der Lidl-Stiftung, bei der Firmengründer Schwarz die Fäden in der Hand halten dürfte, sind Hunderte von kleinen GmbH & Co KGs unterstellt.

Mit Hilfe dieser Struktur, so Verdi, verschleiere Lidl die wahre Dimension des Unternehmens. Die Mitarbeiter würden auf diesem Weg daran gehindert, Gesamt- beziehungsweise Konzernbetriebsräte zu installieren. "Wir unterstellen, dass Lidl eine Konzernstruktur hat", sagt Dalibor der FTD.

Preiskriege

Lidl-Gründer Schwarz wird ein starkes Interesse nachgesagt, Mitarbeiterrechte einzuschränken. Denn es ist ein offenes Geheimnis, dass er Aldi eines Tages als Branchenführer ablösen will. Die Preiskriege, die er deswegen regelmäßig provoziert, sind nur über möglichst tiefe Einkaufskosten finanzierbar. Dementsprechend gefürchtet sind die Lidl-Einkäufer bei den Herstellern.

Würden die Geschäftszahlen Lidls hingegen veröffentlicht, so wäre ein Vergleich mit Aldi möglich, was die Position von Lidl unter Umständen schwächen könnte.

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