Mitarbeiter:Gehälter top, Geschäft na ja

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Der Vorstand kürzt voraussichtlich die Boni, verteilt aber trotzdem viel Geld.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing steht vor einer schwierigen Entscheidung. (Foto: Arne Dedert/dpa)

So schlecht wie vor zwei Jahren dürfte die Stimmung diesmal nicht ausfallen. Um vier Fünftel hatte die Deutsche Bank ihren Mitarbeitern damals die Boni gekürzt, ein unmissverständliches Signal, denn wo Verlust gemacht wird, gibt es auch keine großen Belohnungen. Im Jahr darauf schrieb man zwar auch rote Zahlen, wusste aber wieder annähernd 2,3 Milliarden Euro unter den Angestellten zu verteilen. Zu hoch sei sonst das Risiko, weitere wichtige Führungskräfte an die Konkurrenz zu verlieren, hieß es zur Begründung. Boni als zwingende Investition in die Belegschaft, auch wenn es mal längere Zeit schlecht läuft: So wird der Vorstand um Konzernchef Christian Sewing auch diesmal argumentieren.

Nun müssen die Banker in Diensten der Deutschen Bank aber wieder mit weniger auskommen. Um zehn bis 20 Prozent wolle der Vorstand die Boni kürzen, mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Geschäftsbereichen, heißt es in übereinstimmenden Medienberichten. Noch läuft die interne Diskussion, und erst mit den vorläufigen Zahlen für 2018 wird Anfang Februar klar sein, wie viel es zusätzlich zum Fixgehalt gibt. Zwei Milliarden Euro könnten am Ende verteilt werden, ein immer noch üppiger Betrag. Dabei sollen die Boni gezielter gezahlt werden, um Top-Banker zu halten, berichtete Bloomberg unter Berufung auf Insider. Eine Deutsche-Bank-Sprecherin wollte die Informationen nicht kommentieren.

Zahlt die Bank zu wenig, verliert sie jene Mitarbeiter, die stark zum Erfolg beitragen

Die Bank steckt jedes Jahr von neuem im gleichen Dilemma, stellvertretend für den europäischen Bankensektor, in dem die vergleichsweise hohen Gehälter allmählich nicht mehr zu schmalen Erträgen und Gewinnen passen, nicht mehr zum andauernden Stellenabbau und erst recht nicht zu den ungezählten Fällen von Missbrauch, Fehlverhalten und Straftaten in der Branche vor, während und nach der Finanzkrise. Zahlt die Bank zu wenig, wenden sich Leistungsträger ab, nehmen ihre Kontakte und Kunden mit, und die Erträge im Investmentbanking erodieren weiter. Gibt sie sich zu großzügig, ist ihr Kritik aus Öffentlichkeit und Politik sicher, und die leidgeprüften Aktionäre begehren auf. Die hohen Gehälter beanspruchen ohnehin regelmäßig ein Drittel der Erträge; 2017 gab die Bank im Durchschnitt mehr als 105 000 Euro pro Vollzeitstelle aus. Und jeder Euro fehlt am Ende beim Gewinn.

EU-Vorgaben haben den Gehaltsexzessen von einst zwar Grenzen gesetzt, lassen aber immer noch genügend Spielraum, um Mitarbeiter individuell, in ihrem Team oder als Teil eines Konzernbereichs ausgiebig zu belohnen. Diesen Spielraum beanspruchen international tätige Banken auch, um weiter mithalten zu können, vor allem im Wettbewerb mit den Konkurrenten von der Wall Street. Während die dort ansässigen Häuser wieder Quartalsgewinne im Milliardenbereich schreiben und ihre Führungskräfte entsprechend vergüten, sind europäische Häuser im Kampf um Marktanteile im Investmentbanking deutlich zurückgefallen. Aktuelle Daten des Analysehauses Refinitiv zeigen, dass die Deutsche Bank unter den wichtigsten Investmentbanken in der Region Europa-Nahost-Afrika nur noch Platz neun belegt und ihre Erträge im vergangenen Jahr um fast ein Viertel eingebrochen sind.

Die Regeln wurden seit der Finanzkrise verschärft

Mit einiger Verspätung erhebt die EU-Bankenaufsicht Eba regelmäßig, wie Europas Banken ihre Mitarbeiter bezahlen. Mehr als 4500 Beschäftigte verdienten im Jahr 2016 mehr als eine Million Euro im Jahr, zeigte die jüngste Analyse vom vergangenen Frühjahr, die meisten von ihnen arbeiteten in London. Die Bonuszahlungen machten laut Eba nur noch 57 Prozent der gesamten Vergütung aus, deutlich weniger als in den Jahren zuvor, was die Behörde auf die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen zurückführte. Diese wurden nach der Finanzkrise mehrfach verschärft und regeln beispielsweise, dass die Boni nur noch in Ausnahmefällen höher sein dürfen als das Fixgehalt. Letzteres ist in der Folge allerdings branchenweit deutlich angestiegen, auch bei der Deutschen Bank.

Offen bleibt, wie deren Vorstand mit dem Thema umgeht, das die Deutsche Bank stets lieber als "variable Vergütung" anstatt mit dem Schlagwort Boni beschreibt. Im vergangenen Jahr hatte die Führungsmannschaft, damals noch unter Sewings Vorgänger John Cryan, erst nach öffentlichem Druck darauf verzichtet, sich trotz eines Verlusts von 735 Millionen Euro Boni auszuzahlen. Für 2018 hat Sewing einen - wenn auch kleinen - Gewinn versprochen. Dem stehen aber skandalöse Ereignisse wie die Geldwäsche-Razzia im November, die sinkenden Erträge und Marktanteile und ein auf immer neue Negativrekorde gesunkener Aktienkurs gegenüber.

© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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