Mitarbeiter an Einstieg interessiert:Chrysler für alle

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Mit solchen Kaufkandidaten hat DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche wohl kaum gerechnet: Chrysler-Mitarbeiter wollen 70 Prozent des Autobauers übernehmen. Finanzinvestoren und die Regierung unterstützen den Vorschlag bereits.

Michael Kuntz

Der Brief ist adressiert an den Chairman Dr. Dieter Zetsche, 1000 Chrysler Drive, Auburn Hills, Michigan. Möglicherweise wird das Schreiben bereits bei der Sitzung des Aufsichtsrates von DaimlerChrysler in der kommenden Woche eine Rolle spielen.

Die Verkaufsmasse Chrysler wollen die Beschäftigten in den USA nicht einfach so weggeben. (Foto: Foto: Reuters)

Absender sind Chrysler-Mitarbeiter aus Toledo in Ohio. Sie schlagen eine mehrheitliche Übernahme des angeschlagenen Unternehmens durch die Beschäftigten vor.

Sie wollen auf einen Teil der Zuschüsse ihres Arbeitgebers zu den Kosten für die Gesundheitsvorsorge verzichten und stattdessen einen Anteil am Unternehmen erhalten: 70 Prozent.

Investoren nicht interessiert

Die Chrysler-Leute machen ihren Vorschlag aus Sorge um ihre Arbeitsplätze. Unglücklicherweise seien die vielleicht an Chrysler interessierten anderen Autokonzerne zur Zeit nicht in einer so guten Lage, dass sie sich auch noch die finanziellen Probleme von Chrysler aufbürden könnten.

Die privaten Finanzinvestoren, die ihr Interesse angemeldet haben, seien aber nicht am Geschäft der Automobilindustrie interessiert. Chrysler einfach an den Meistbietenden zu verkaufen, sei eine schlechte Lösung, da sie mit dem scheibchenweisen Verkauf des Unternehmens enden könnte.

Besser sei ein von der Automobilgewerkschaft UAW verwalteter Treuhandfonds ("ESOP"), in den das Unternehmen Leistungen für Gesundheits- und Altersvorsorge einzahlt.

Treuhandfonds bereits in den 70ern aktiv

Auf diese Weise hätte die Chrysler-Belegschaft in den späten 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts schon einmal 15 Prozent der Anteile gehalten. Da die amerikanische Regierung diese Kombination aus Vorsorge und Vermögensbildung steuerlich stark fördere, gebe es finanzielle Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ein solcher Plan würde über fünf bis zehn Jahre laufen. Diese Form der Umverteilung von Firmenanteilen zugunsten durchschnittlicher amerikanischer Arbeitnehmer gibt es in etlichen Branchen, derzeit aber nicht in der notleidenden Autoindustrie.

"Hier ist eine goldene Chance für Chrysler, sich in seiner Unternehmensführung von den anderen beiden der drei großen Autohersteller aus Detroit zu unterscheiden."

"Goldene Chance für Chrysler"

Unterschrieben hat den Brief an Zetsche Michele Mauder. Sie arbeitet bei Chrysler in Toledo in einem Zulieferpark. Ihre Initiative von zunächst nur 25 Mitarbeitern zieht inzwischen Kreise.

Sie wird unterstützt von UAW-Untergliederungen, Regierungsvertretern und der Kent State University. Auch der greise Spekulant Kirk Kerkorian hatte seine 4,5-Milliarden-Dollar-Offerte mit einem Beteiligungsversprechen für die Chrysler-Beschäftigten garniert.

Angeblich haben die Finanzinvestoren wie Cerberus und Blackstone ebenfalls vor, die Mitarbeiter zu beteiligen, berichtet Ron Gettelfinger über entsprechende Gespräche mit der Gewerkschaft.

Auch Kirk Kerkorian dabei

Der UAW-Vorsitzende sitzt im Aufsichtsrat von DaimlerChrysler, der in der nächsten Woche erstmals unter der Leitung seines neuen Vorsitzenden Manfred Bischoff tagt. Gettelfinger wird nicht müde zu betonen, dass DaimlerChrysler ein Unternehmen bleiben müsse. Dafür werde er sich - wie die anderen Arbeitnehmervertreter - in dem Kontrollgremium einsetzen.

Bei der Hauptversammlung von DaimlerChrysler am 4. April in Berlin hatte Konzernchef Zetsche gesagt, man werde den Fonds-Vorschlag ebenso prüfen wie alle anderen Optionen für die Zukunft von Chrysler.

Umsichtig fügten die Leute aus Ohio ihrem Brief an den Chairman ein Buch bei, in dem Zetsche nachlesen kann, wie so eine Übernahme der Mehrheit durch die Mitarbeiter funktioniert.

© SZ vom 21.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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