Miserable Arbeitsbedingungen in Kambodscha:Deichmann am Pranger

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Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen: Kambodschanische Arbeiterinnen beklagen sich über unhaltbare Zustände in einer Schuh-Fabrik. Auch Europas größter Schuhhändler Deichmann gerät damit ins Visier - der bisher als Synonym für Ethik in der Wirtschaft stand.

Melanie Ahlemeier

Weil sie Lösemitteldämpfen ohne Schutzmasken ausgesetzt sind, lassen die gesundheitlichen Folgen nicht lange auf sich warten: Kambodschanische Arbeiterinnen werden von Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen geplagt. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht.

Deichmann-Filiale in Frankfurt am Main: Das Unternehmen muss sich mit schweren Vorwürfen auseinander setzen. (Foto: Foto: AP)

Das berichtete das ARD-Politikmagazin Report Mainz am Montag vorab. Am Pranger: Europas größter Schuhhändler Deichmann. Der Vorwurf: unhaltbare Arbeitsbedingungen bei einem seiner kambodschanischen Zulieferer. Deichmann ist mit jährlich rund 2,5 Millionen Paar Schuhen Hauptabnehmer der Schuhfabrik Shoes Premier in Phnom Penh, berichtet Report.

Weiterer Vorwurf: Die 3000 Shoes-Premier-Mitarbeiter in der Hauptstadt Kambodschas würden dazu gezwungen, täglich mehr Überstunden zu leisten als das dortige Gesetz erlaube - und das an sieben Tagen die Woche. Wer das Produktionsziel von 100 Schuhen pro Stunde nicht schaffe, müsse sich zur Strafe an eine Wand stellen, berichteten die Neue Osnabrücker Zeitung und das ARD-Magazin.

Fabrik erst kürzlich kontrolliert

Europas größter Schuhhändler reagierte betroffen auf den Bericht. Falls sich die Vorwürfe als wahr erwiesen, verstoße dies gegen wichtige Punkte des Deichmann-Verhaltenskodex.

"In keinem Fall werden wir dulden, dass Arbeitnehmerrechte verletzt werden", teilte der Konzern mit. Deichmann habe von den Vorwürfen erst durch die Redaktion von Report Mainz Kenntnis erhalten. Der Wahrheitsgehalt lasse sich derzeit deshalb noch nicht abschätzen, hieß es weiter. Dennoch habe das Unternehmen bereits einen Experten aus Deutschland in die Fabrik geschickt, um den Vorwürfen nachzugehen und sie - falls zutreffend - abzustellen, berichtete das Unternehmen.

Erst vor wenigen Wochen war die Fabrik kontrolliert worden. "Dabei wurden zwar einige Mängel festgestellt, die das Management abstellen muss, es wurden aber keine einschneidenden Probleme beschrieben", hieß es bei Deichmann. Aufgefallen war, dass Schutzmasken nicht in ausreichender Zahl vorhanden waren, sagte ein Unternehmenssprecher zu sueddeutsche.de.

Von Report mit den Vorwürfen konfrontiert, setzt Deichmann nun auf Gespräche mit den Gewerkschaften vor Ort, um etwaige Missstände abzuschaffen. An einen Rückzug aus dem Niedriglohn-Land denkt Deichmann derzeit allerdings nicht. "Was bringt das den dortigen Mitarbeitern?", so Effing weiter zu sueddeutsche.de. Seit 2004 kauft Deichmann Schuhe der Fabrik Shoes Premier.

Deichmann ist Europas größter Schuhhändler. Allein im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen weltweit 122 Millionen Paar Schuhe ab. Deichmanns Firmenphilosophie, unternehmerischen Erfolg mit sozialem Engagement und christlicher Nächstenliebe zu verbinden, ist deutschlandweit bekannt - sollten sich die Vorwürfe in Kambodscha bewahrheiten, dürfe das "saubere" Image deutlich leiden.

© sueddeutsche.de/AP/AFP/mel/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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