Mietmarkt:Makler dürfen für Wohnungsbesichtigung keinen Eintritt verlangen

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Wohnungsbesichtigungen sind derzeit wegen der Corona-Krise nicht möglich - das spürt das Unternehmen. (Foto: Lukas Schulze/dpa)
  • Gerichtsurteil gegen einen Stuttgarter Immobilienmakler: Er darf zukünftig nicht mehr von Interessenten Eintritt für die Wohnungsbesichtigung verlangen.
  • Der Makler hatte eine Tochterfirma gegründet, die seiner Ansicht nach keine vollständige Makler-Arbeit leiste. Er sah sich daher nicht zum Bestellerprinzip verpflichtet.
  • Das Gerichtsurteil könnte richtungsweisend sein und auch Online-Wohnungsvermittlungsportale unter Druck setzen.

Von Benedikt Müller und Felicitas Wilke

Besichtigungen, bei denen potenzielle Mieter schon im Treppenhaus Schlange stehen und sich anschließend gemeinsam mit Dutzenden anderen Interessenten durch die Wohnung quetschen: Vor allem in deutschen Großstädten mit angespannter Wohnungslage ist das ein weit verbreitetes Szenario. Ein Stuttgarter Immobilien-Vermittler wollte es soweit nicht kommen lassen. Also lud er immer nur zehn bis 15 Interessenten zu Besichtigungen ein. Dafür verlangte er jedoch pro Person 35 Euro Besichtigungsgebühr. Die Vermieter mussten für diese Dienste kein Geld bezahlen.

Diese Praxis war nicht rechtmäßig, hat am Mittwoch das Landgericht Stuttgart entschieden. Immobilienmakler dürfen für Wohnungsbesichtigungen keine Gebühr von den Interessenten verlangen. Sie würden dadurch das Bestellerprinzip aushebeln.

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Die Not vieler Wohnungssuchender ist groß

Seit gut einem Jahr gilt bundesweit: Nur wenn der Mieter einen Makler explizit mit seiner Wohnungssuche beauftragt, muss er Makler-Gebühren bezahlen. Ansonsten ist dies die Pflicht des Vermieters. "Das Bestellerprinzip funktioniert im Großen und Ganzen", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Ulrich Ropertz. Manchmal jedoch ist die Not bei Wohnungssuchenden so groß, dass sie sich trotzdem auf eine Makler-Courtage oder Bearbeitungsgebühr einlassen - Hauptsache, sie bekommen die ersehnte Wohnung.

Allein der Stuttgarter Mieterverein hat mehr als zehn Makler-Büros abgemahnt, bei denen er einen Verstoß gegen das Bestellerprinzip vermutet. Der Stuttgarter Immobilien-Vermittler hat es nun auf die Gerichtsverhandlung ankommen lassen, weil er sich Rechtssicherheit für sich und seine Kollegen wünsche, sagt er.

Als Makler gehandelt oder nicht?

Seit die Bundesregierung im Juni 2015 das Bestellerprinzip eingeführt habe, drohe für ihn das Geschäft mit der Vermietung einzubrechen, sagt der Makler. Viele Vermieter wollten schlicht und einfach keine zwei Monatsmieten für ein Makler-Gesamtpaket bezahlen. Deshalb habe er eine Tochterfirma gegründet, die aber nur als Dienstleister fungiere, wie er betont. "Ich schalte lediglich das Wohnungsinserat und organisiere die Besichtigungen." Dementsprechend habe er nicht als Makler gehandelt. Das setze voraus, dass er die gesamte Vermietung übernehme, den Mietvertrag aufsetze und ein einziges Honorar im Erfolgsfall verlange.

Das Gericht sieht das anders. Das Vorgehen sei mit dem Wohnungsvermittlungsgesetz und dem Bestellerprinzip nicht vereinbar, heißt es im Urteil.

Der Fall in Schwaben findet bundesweit Beachtung, weil bislang kaum Streitfälle rund um das Bestellerprinzip bekannt sind. Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund vermutet, dass von dem Stuttgarter Urteil nun Signalwirkung ausgehen könnte. "Die Geschäftsidee, das Gesetz auszuhebeln, ist damit eine tote Idee", sagt Ropertz. Wer trotzdem Gebühren von Mietern verlange, müsse weiterhin damit rechnen, von Mietervereinen abgemahnt zu werden. Das Urteil könnte neben klassischen Maklern auch die Geschäftsmodelle einiger junger Maklerportale im Internet in Frage stellen, die Mietern Besichtigungs- oder Bearbeitungsgebühren berechnen. "Egal, wer makelt, es muss für alle das gleiche gelten", sagt Ropertz.

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