Microsoft:Brüssel will Macht des Konzerns einschränken

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Konkurrenten des US-Softwarekonzerns Microsoft fordern, dass die EU im Verfahren gegen das Unternehmen hart bleibt. Daran dürfe auch Druck aus den USA nichts ändern.

Von Alexander Hagelüken

(SZ vom 10.11.03) — "Dieser Fall entscheidet über die Grundregeln des Wettbewerbs in der Informationstechnik.", sagte Anwalt Thomas Vinje der Süddeutschen Zeitung. Die EU-Kommission wirft Microsoft vor, Wettbewerber unfair aus den milliardenschweren Software-Märkten zu drängen.

Geheime Anhörungen

Das Mammut-Verfahren gegen den Konzern geht diese Woche in die Schlussphase, wenn bei einer geheimen Anhörung in Brüssel die Argumente beider Seiten aufeinander prallen.

Microsoft drohen eine Geldbuße von mehreren hundert Millionen Euro und Eingriffe in die Geschäftspolitik. Wie zu hören ist, versucht der Konzern in den USA einflussreiche Politiker für seine Sache zu gewinnen.

Erinnerung an andere Verfahren

In Brüssel erinnert das an die Konzerne General Electric und Honeywell, die ihre geplante 40-Milliarden-Dollar-Fusion 2001 durch Fürsprache des US-Präsidenten durchsetzen wollten. Wettbewerbskommissar Mario Monti blieb damals zum Erstaunen der Konzerne hart.

Inzwischen ist der Italiener durch eine Serie von Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof geschwächt, der mehrere Fusionsverbote kassierte. Jede Niederlage kann hohe Schadenersatzansprüche auslösen. Um dies zu vermeiden, untersuchten Montis Fachleute den Fall ungewöhnlich lange.

Beschwerde vor fünf Jahren

Fünf Jahre nach der ersten Beschwerde gegen Microsoft ist es jetzt höchste Zeit für die Entscheidung, findet Anwalt Vinje. "Monti muss die Wettbewerbsverstöße von Microsoft schnell stoppen, sonst wird sein Urteil sinnlos, weil die Konkurrenz aus dem Markt gedrückt ist", erklärt der Partner von Morrison and Forster, der den Branchenverband CCIA vertritt.

Dem Verband, in dem Microsoft-Konkurrenten wie Sun oder Nokia ebenso versammelt sind wie Nicht-Konkurrenten wie AT&T oder Yahoo, gehe es um die Grundsatzfrage fairen Wettbewerbs. "Natürlich betreibt Microsoft in den USA Lobbyarbeit. Die haben viel Geld", sagt Vinje. "Monti muss diesen Druck aushalten. Sein Bild in der Öffentlichkeit wird davon bestimmt sein, wie er im größten Fall seiner Amtszeit agiert."

Beherrschende Stellung

Klar ist bereits, dass der Brüsseler Wettbewerbskommissar gegen Microsoft erheblich radikaler vorgehen will als die US-Behörden. Monti beschuldigt den Konzern, seine beherrschende Stellung bei Heim-Computern auf das Geschäft mit einfachen Server-Rechnern auszudehnen, die PCs in Unternehmensnetzen steuern.

Als Konkurrenten sich 1998 beschwerten, hatte Microsoft bei einfachen Servern bereits einen Marktanteil von 30 Prozent. Heute sind es 70 Prozent, behauptet Vinje. Monti fordert den Konzern auf, der Konkurrenz auf dem Server-Markt alle Schnittstellen-Angaben zur Verfügung zu stellen.

Umfrage

Dann könnten die Wettbewerber ihre Server-Systeme genauso kompatibel mit dem vorherrschenden Betriebssystem Windows gestalten, wie es die Serversoftware von Microsoft ist. Eine überwältigende Mehrheit von Kunden gab bei einer Umfrage an, die fehlende Kompatibilität der Konkurrenz lenke ihre Wahl eindeutig auf Serverprodukte von Microsoft.

Montis zweiter Kritikpunkt: Bill Gates' Firma verkauft ihren Media Player, mit dem sich Musik oder Videos am Computer abspielen lassen, gekoppelt mit Windows. Die dominante Stellung des Betriebssystems führe dazu, dass der Media Player die Multimediaprodukte der Konkurrenz verdränge.

Frist für August

Anbieter von Multimediainhalten entwickelten ihre Produkte zunehmend nur noch für den Media Player. Deshalb soll Microsoft entweder Windows und Player getrennt verkaufen oder auch Pakete von Windows mit Konkurrenz-Playern anbieten.

Monti hat Microsoft im August eine letzte Frist gesetzt, seine Forderungen zu erfüllen. Nach SZ-Informationen ist der Kommissar unzufrieden mit dem, was der Konzern anbietet.

Monti kann nun die Erfüllung seiner Forderungen verlangen und eine Geldstrafe von theoretisch zehn Prozent des Umsatzes verhängen. Nach der Anhörung diese Woche dürfte die Entscheidung Anfang 2004 fallen.

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