Metallverarbeitende Betriebe:Stahlpreis bedroht den Mittelstand

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Der Stahlpreis explodiert - und gefährdet damit die Existenz vieler Betriebe. Die Branche ist in Aufruhr - und der Kampf um den australischen Minengiganten Rio Tinto neu entbrannt.

Der drastische Anstieg der Stahlpreise bedroht einem Bericht zufolge eine Kernbranche des industriellen Mittelstands in Deutschland. Auf die zumeist familiengeführten Betriebe der Stahl- und Metallverarbeitung kommt vom zweiten Halbjahr an ein Kostenschub von 50 Prozent oder insgesamt zwei Milliarden Euro zu.

Die Kosten für Stahl haben sich verdoppelt - und die deutschen Mittelständler können den Preisschub nicht auffangen. (Foto: Foto: dpa)

Vertragsbrüche und massive Preiserhöhungen

Dabei schreckten Stahlhersteller auch vor Vertragsbrüchen nicht zurück, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Briefe der Konzerne an Kunden.

"Um unsere Lieferfähigkeit auch im zweiten Halbjahr 2008 weiter aufrechtzuerhalten, sehen wir uns gezwungen, unsere Preise massiv ... anzuheben. Hiervon sind auch laufende Jahresabschlüsse betroffen." Solche oder ähnliche Formulierungen finden sich in Schreiben von Arcelor-Mittal, Salzgitter oder der Saarstahl-Gruppe.

"Unsere Mitgliedsfirmen haben keine Chance, dem Preisdiktat der Stahlhersteller auszuweichen", sagte Andreas Möhlenkamp, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM). Er wirft den Stahlproduzenten vor, ihre Angebotsmacht ohne Rücksicht auf die gravierenden Folgen für eine ihrer größten Abnehmerbranchen auszunutzen.

Auch Rohstoff- und Energiepreise gestiegen

Doch auch die Stahlkonzerne stehen unter erheblichem Druck. Arcelor-Mittal begründete die Anhebung der Stahlpreise mit einer erheblichen Verteuerung der Rohstoffe Eisenerz, Kokskohle und Schrott sowie höheren Kosten für Energie und Transport.

So kostet Eisenerz auf Euro-Basis gut 40 Prozent mehr als vor einem Jahr, der Einkaufspreis für Stahlschrott hat sich verdoppelt. Kokskohle ist sogar noch teurer geworden. Marktbeobachter gehen davon aus, dass kleinere Konkurrenten dem Beispiel von Arcelor-Mittal folgen und ihre Verkaufspreise ähnlich stark erhöhen werden.

Erst in der vergangenen Woche hatte der australische Minengigant Rio Tinto einen Eisenerz-Preisanstieg von fast 100 Prozent durchgesetzt und damit weltweit Sorgen vor einer deutlichen Verteuerung von Gütern wie Autos ausgelöst.

Der Chef von Arcelor-Mittal, Lakshmi Mittal, erwägt unterdessen, in den Übernahmekampf um Rio Tinto einzugreifen. Mittal wolle mehr Kontrolle über die Lieferung von Eisenerz erhalten, berichtet die Financial Times am Montag unter Berufung auf Bankenkreise.

Schlacht um Rio Tinto

Denkbar sei zum Beispiel, eine Beteiligung an Rio Tinto aufzubauen. "Andererseits könnte er abwarten, da die Wettbewerbshüter vermutlich (für die Genehmigung der Übernahme) die Auflage machen, dass ein Teil des Eisenerzgeschäfts verkauft wird", zitiert die Zeitung einen Banker.

Der australische Bergbaukonzern BHP Billiton hat bereits ein Übernahmeangebot für Rio Tinto vorgelegt, das bei aktuellen Aktienkursen rund 160 Milliarden Dollar wert ist.

Auch bei der australischen Minengesellschaft Macarthur Coal bringt sich Arcelor-Mittal gemeinsam mit dem Konkurrenten POSCO in Stellung und hat damit Spekulationen um einen Übernahmekampf entfacht. Wie der weltgrößte Stahlkonzern Arcelor-Mittal mitteilte, hat er fünf Prozent der Macarthur-Anteile vom Großaktionär der Australier, Ken Talbot, zu je 20 Australischen Dollar je Aktie übernommen.

Damit steigt der Arcelor-Mittal-Anteil auf 19,9 Prozent. Die südkoreanische POSCO teilte später mit, sie habe eine 10-Prozent-Beteiligung gekauft - ebenfalls für 20 Dollar je Aktie und ebenfalls von Talbot.

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