Mensch und Maschine:Zeit der Kollaborateure

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Die menschliche Maschine: Der Roboter wird immer mehr zum Kollaborateur - auch bei Alltagsaufgaben. (Foto: Nigel Treblin/Reuters)

Ob der Roboter auch bald eine Zitrone auspressen kann, fragt die Kanzlerin. Bald kann er wohl noch viel mehr: Wie Mensch und Maschine einander näherkommen.

Von Elisabeth Dostert, Hannover

Am Abend haben sie noch zusammen getanzt, die Tanztruppe Flying Steps und die Roboter des Augsburger Maschinenbaukonzerns Kuka. Die einen sehr geschmeidig, die anderen staksiger. Der Applaus galt wohl beiden: Mensch und Maschine.

Am Montag ist Arbeit angesagt. In den Messehallen sind sie die Roboter die Einzigen, die sich von hohem Besuch nicht beeindrucken lassen. Sie arbeiten weiter, so wie sie programmiert wurden. "IT und OT sind eine Welt", sagt Kuka-Vorstandschef Till Reuter. Heißt: Informationstechnologie und Produktion sind eine Welt. Seit Stunden dreht sich im Messestand der Roboter mit den menschlichen Rundungen, so wie ihn Menschen programmiert haben. "Big Data wird die Produktion extrem verändern", sagt Reuter: "Die Roboter kommen aus ihren Käfigen."

Mensch und Maschine werden immer mehr zu Kollaborateuren, sie arbeiten zusammen. Die Arbeitswelt wird sich in den nächsten Jahren zwar gewaltig verändern, aber die Maschine macht den Menschen nicht überflüssig.

Seit fünf Jahren reden sie in Hannover von Industrie 4.0, der digitalisierten vernetzten Produktion, aber nie zuvor wurden auf der weltweit größten Industrieschau so viele Beispiele gezeigt. Bereits jedes fünfte Maschinenbauunternehmen befasse sich intensiv mit der Umsetzung der Digitalisierung, ergab eine Studie der Impuls-Stiftung des Maschinenbauverbandes VDMA. "Nur die Maschinen zu betrachten, ist zu kurz gesprungen", sagt Hans-Georg Krabbe, Vorstandsvorsitzender von ABB, dem Münchner Unternehmen für Automatisierung: "Wir wollen Maschinen, Dienstleistungen und Menschen verbinden."

Wie der vernetzte Arbeiter aussieht, zeigt die Unternehmensberatung Accenture in Hannover. Er trägt Wearables, Technik am Körper. Zum Beispiel Handschuhe, die über Sensoren Temperaturen und Bewegungen Daten erfassen können. Das Münchner Start-up Pro-Glove arbeitet an so einem smarten Handschuh. Für Accenture sind diese Bekleidungsstücke die dritte Stufe des mobilen Arbeitens. Zur ersten zählten Smartphones und andere mobile Geräte für die Kommunikation unterwegs und zur zweiten Stufe Apps, die es ermöglichen, unterwegs zu arbeiten.

Fabriken, Büros, Krankenhäuser und Pflegeheime: Roboter könnten überall mitarbeiten

Vor allem in der Fertigung nimmt die Zahl der Roboter zu. 2015 wurden weltweit fast 240 000 Industrieroboter verkauft, acht Prozent mehr als im Vorjahr, gibt International Federation of Robotics an. Bis 2018 rechnet der Verband mit jährlichen Zuwachsraten von durchschnittlich 15 Prozent. Das sind gewaltige Absatzchancen für Firmen wie ABB, Fanuc, Kuka, Comau und viele andere Hersteller.

In den Fabriken werden die Roboter nicht bleiben. "Wenn ich mich am Arm verletzt habe, können die Roboter dann auch eine Zitrone für mich auspressen", fragt Angela Merkel beim Rundgang Kuka-Vorstandschef Reuter. "Ja. Irgendwann können die Ihnen auch beim Kochen helfen", sagt er, "eine Zitrone auspressen können sie auch." Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine findet wohl bald in allen Lebensbereichen statt: in Fabriken, Büros, Krankenhäusern und Pflegeheimen.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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