Meissen:"Wir wollen für moderne Opulenz stehen"

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Warum der Messeauftritt für die Porzellanmanufaktur Meissen so wichtig ist.

Interview von Katharina Wetzel

Meissen wurde 1710 von August dem Starken, dem Kurfürsten von Sachsen, gegründet und ist die älteste Porzellanmanufaktur Europas. Das sächsische Staatsunternehmen mit Sitz in Meißen besinnt sich wieder auf seine alte Stärke, nachdem die Expansion zum Luxuskonzern unter dem damaligen Chef Christian Kurtzke gescheitert ist. Dieser wollte aus Meissen ein "sächsisches Hermès" mit Mode, Accessoires und Möbeln machen. Die neue Geschäftsführung will den Traditionsbetrieb mit 650 Mitarbeitern aus der Verlustzone führen und das kunsthandwerkliche Erbe bewahren. 2017 verzeichnete Meissen einen Fehlbetrag von 5,2 Millionen Euro. Ein neues Marketingkonzept soll helfen, die Marke zu erneuern. Welche Rolle dabei die Frankfurter Konsumgütermesse Ambiente spielt, die vergangene Woche zu Ende ging, erklärt Geschäftsführer Georg Nussdorfer.

Was sind die Trends bei Meissen?

Wir haben in diesem Jahr zwei große Themen, die wir auch auf der Messe Ambiente zeigten. Zum einen unser neues Service Vitruv, das sehr geradlinig ist und sehr gut zu Meissen passt, da wir unsere Handwerkskunst insbesondere durch das Relief und Biskuitporzellan präsentieren. Das zweite große Thema ist die Vogelmalerei. Aus der historischen Manufaktur abgeleitet, haben wir ein riesiges handbemaltes Wandbild mit 72 Vögeln ...

... 15 Porzellanmaler haben daran über sechs Monate lang gearbeitet.

Ja, das ist einzigartig und etwas, was nur Meissen kann. Wir wollten auf der Messe die Faszination Meissens hervorbringen. Unser Ziel ist es, dass die Besucher hier am Stand vorbeigehen, auf unser Logo sehen und sagen 'Das überrascht mich jetzt'. Es geht auch um eine Revitalisierung von Meissen und darum, die Kunden und Partner, die wir haben, zu begeistern.

Haben Sie viele Fachhändler, die sich so ein Wandbild für 450 000 Euro zulegen?

Dies ist für den Fachhandel eher weniger relevant. Mit dem Wandbild beweisen wir, was wir können. Das Thema Vögel zieht sich durch die Kollektion von 69 bis 490 000 Euro. Es gibt auch Tassen für 69 Euro in einer tollen Geschenkverpackung, die sich Händler mit einem Konzept von uns in den eignen Laden stellen können.

Warum ist die Ambiente wichtig für Sie?

Wir sind seit drei Jahren wieder auf der Ambiente. Es gab eine Richtungsänderung bei Meissen. Dabei ist es ist wichtig, dass wir diese auch der Fachwelt zeigen und sagen, wofür Meissen jetzt steht. Deswegen wollen wir Meissen in der Branche positionieren und mit Journalisten, möglichen Geschäftspartnern und internationalen Händlern ins Gespräch kommen.

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(Foto: Meissen)

Zwischen Tradition und Moderne: So präsentierte sich Meissen auf der Ambiente in Frankfurt.

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(Foto: Meissen)
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(Foto: Meissen)

Auf der Messe präsentierte sich Meissen auf einer Fläche von 216 Quadratmetern. Heben Sie sich so von anderen ab?

Wir standen auf der Ambiente jetzt direkt neben Villeroy & Boch. Da sind wir kleiner im Vergleich, aber es ist genug Platz, um viel von Meissen auszustellen. Da wir eine Manufaktur sind, die ganz stark auf Handmalerei und Luxus setzt, können wir uns schon abheben und Akzente setzen.

Sie setzen auf Porzellan. Schmuck, Kleidung und Accessoires gibt es nicht mehr?

Wir stehen für Porzellan, Handwerk und Opulenz. Wir wollen für moderne Opulenz stehen und Porzellan im Zeitgeist zeigen. Von allem anderen haben wir uns getrennt. Das ist seit Ende 2016 nicht mehr Teil unseres Portfolios. Der einzige verbliebene Bereich ist Schmuck, der ganz klar zur Geschichte und DNA von Meissen passt, auch hier entweder mit Porzellanelementen oder Elementen aus der Meissen-Historie.

Erhoffen Sie sich auf Messen auch, wieder mehr Fachhändler zu erreichen?

Es geht uns weniger darum, aktiv neue Händler zu akquirieren, da sich auch die Natur des Handels geändert hat. In erster Linie geht es um neue nationale und internationale Kooperationspartner, die zu Meissen passen könnten.

Wie hat sich Ihr Messebudget entwickelt?

Das Messebudget hat keinen überwiegenden Anteil in unserem Kommunikationsbudget und hat sich auch nicht erhöht, während andere Marketinginstrumente intensiver und teurer geworden sind. Wir wollen unser Porzellan so gezielt wie möglich an unsere Klientel bringen. Das heißt, wir machen auch viele kleine Veranstaltungen, die sehr aufwendig sind. Hier können wir persönliche Erlebnisse kreieren.

Zuletzt gaben Sie mehr als drei Millionen Euro für Marketing im Jahr aus. Hat sich das durch die zunehmende Bedeutung sozialer Medien also noch erhöht?

Unser Marketingbudget ist relativ stabil, aber wir setzen es nun fokussierter und effizienter ein. Wir haben so viele Geschichten zu erzählen - wie vielleicht nur sehr wenige andere Marken - einfach aufgrund unserer Historie von 1710. Und die versuchen wir klassisch über Print-, aber auch über Onlinekanäle zu erzählen. Wir wollen auch in den verschiedenen Stadien eines Kaufprozesses die Kunden mitnehmen.

Ab 2021 wollen Sie wieder schwarze Zahlen schreiben. Sind Sie da auf gutem Weg?

Wir bekommen viel Zuspruch, sowohl auf dem Heimatmarkt als auch auf internationalen Märkten und wir haben gegen den Branchentrend im vergangenen Jahr eine leichte Umsatzsteigerung verzeichnen können. Daher sind wir optimistisch, dieses Ziel zu erreichen.

Wäre eine Privatisierung in Ihrem Sinn?

Ich bin als einer der Geschäftsführer eingesetzt, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Und wenn das in diesem Zusammenspiel funktioniert, dann ist das eine sehr gute Situation für alle - auch im Sinne der Aufgabe der Bewahrung des Kulturgutes.

Die einen sehen Meissen als Kulturgut und Schatz, den es zu bewahren gilt. Andere als Verschwendung von Steuergeld.

Ohne Frage ist es ein einzigartiges Kulturgut, das Meissen hat. Deswegen versuchen wir, die Balance zu finden und ein wirtschaftlich sich selbst tragendes Unternehmen zu gestalten. Da sind wir auf einem guten Weg. Wir sind bei der Ambiente sehr oft als Messehighlight erschienen. Das nehmen wir auch als Indiz, dass wir als zeitgemäße Firma wahrgenommen werden.

Müssen sich Messen weiter entwickeln?

Messen müssen interessante und relevante Inhalte bieten. Viele stecken viel Kraft hinein, um das Rahmenprogramm noch überraschender und erlebnisorientierter zu machen.

© SZ vom 19.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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