Mehr Rechte für Bahnkunden:Bei Verspätungen gibt es Bargeld

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Für Zugverspätungen ab einer Stunde soll künftig in der Europäischen Union Schadensersatz gezahlt werden. Auch die Haftung der Bahn etwa für Gepäck wird erweitert.

Julius Müller-Meiningen

Außerdem bekommen sie grundsätzliche Rechte. Als europäischer Standard festgeschrieben wird zum Beispiel die Haftung von Bahnunternehmen für Personen und Gepäck, aber auch der erleichterte Zugang für behinderte oder gebrechliche Menschen zu Bahnen und Bahnhöfen.

Diese Regelungen sind Teil des dritten Gesetzespakets zur Neuordnung des europäischen Eisenbahnverkehrs, das das Europäische Parlament am Dienstag in dritter und letzter Lesung verabschiedet hat. Die Verordnung wird Ende 2009 in Kraft treten.

Ausnahmen möglich

Seit Oktober 2005 erhalten Reisende der Deutschen Bahn für Verspätungen ab einer Stunde in ICE, IC und EC per Gutschein 20 Prozent des Fahrpreises erstattet. Nach der EU-Regelung, die grundsätzlich für alle Eisenbahnfahrten in Europa gilt, sollen sie künftig auch Bargeld erhalten.

Für Verspätungen von mindestens einer Stunde werden 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, ab zwei Stunden die Hälfte. Bei den nicht grundsätzlichen Fahrgastrechten - dazu gehört auch die Entschädigung für Verspätungen - können die Mitgliedsstaaten für den nationalen Fernverkehr (ab einer Strecke von 50 Kilometern) bis zu fünfzehn Jahre lang Ausnahmen machen. In diesem Fall müsste kein Schadensersatz gezahlt werden.

Berücksichtigt werden sollten damit die neuen Mitgliedsstaaten, die noch keinen reibungslosen Zugverkehr gewährleisten können. Unbefristete Ausnahmen dürfen die Mitgliedsstaaten auch in Anspruch nehmen für den Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr. Deutschland will von diesen Ausnahmen "ganz überwiegend keinen" Gebrauch machen, verlautet aus dem Bundesjustizministerium.

Derzeit wird an einem nationalen Gesetz gearbeitet, mit dem einige EU-Regelungen noch vor 2009 eingeführt werden können. Nach der EU-Verordnung sollen Fahrgäste zudem künftig Fahrräder in allen Zügen mitnehmen können, vorausgesetzt der "Schienenreiseverkehr wird nicht negativ beeinflusst". Europapolitiker der Grünen hatten den Passus kritisiert, da er von den Bahnunternehmen willkürlich interpretiert werden könne. Im nationalen Gesetz ist die Regelung nicht vorgesehen.

Öffnung nationaler Schienennetze

Das Europäische Parlament stimmte am Dienstag außerdem für eine weitere Liberalisierung des Eisenbahnmarktes in der EU. Eine zwischen den EU-Verkehrsministern und dem Parlament im Vermittlungsausschuss ausgehandelte Regelung sieht die Öffnung nationaler Schienennetze für den grenzüberschreitenden Personenverkehr ab dem 1. Januar 2010 vor.

Alle in Europa zugelassenen Bahnunternehmen können dann grenzüberschreitende Verbindungen anbieten, wobei sie in diesem Fall auch Passagiere transportieren dürfen, die nur zu einem anderen Bahnhof in demselben Land gelangen möchten.

Für den Vorschlag, die nationalen Netze auch für Bahnunternehmen aus anderen Ländern zu öffnen, gab es keine Mehrheit. Die EU-Kommission soll jedoch zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie eine weitere Liberalisierung prüfen.

Die Mitgliedsstaaten dürfen Gebühren auf grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste erheben, allerdings nur, wenn diese die "wirtschaftliche Rentabilität des Verkehrsdienstes, auf den sie erhoben werden, nicht gefährden".

Der liberale belgische EU-Parlamentarier Dirk Sterckx, Berichterstatter im Verkehrsausschuss für die Fahrgast-Verordnung, sagte: "Die Regelungen sind ein erster Schritt, damit die Bahnunternehmen mehr auf die Bedürfnisse der Kunden Rücksicht nehmen. Das passiert noch zu selten."

Sein Kollege, der EVP-Abgeordnete und Berichterstatter für die Eisenbahn-Richtlinie Georg Jarzembowski (CDU), zeigte sich nur "bedingt zufrieden" mit dem Kompromiss bei der Liberalisierung. Die Verordnung zu den Fahrgastrechten sei ein "großer Erfolg für die Bürger". "Allerdings wollen die Reisenden weniger Entschädigungen als vielmehr pünktliche Züge." Das sei auch der eigentliche Hintergrund der Verordnung.

Beschlossen wurde ebenso eine Richtlinie für einen einheitlichen EU-Lokführerschein. Damit sollen Lokführerwechsel an den Landesgrenzen überflüssig werden und medizinische wie professionelle Mindeststandards festgeschrieben werden. Das Zertifikat soll auch für anderes Zugpersonal mit sicherheitstechnisch relevanten Aufgaben gelten.

© SZ vom 26.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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