Mehr Forschung, weniger Jobs:Bei Märklin fallen 310 Stellen weg

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Der Modelleisenbahnhersteller richtet sich für die Zukunft aus und schließt den thüringischen Produktionsstandort Sonneberg.

Dagmar Deckstein

Interimsgeschäftsführer Jan Kantowsky begründete die Entscheidung mit der Notwendigkeit, die Produktionsstrukturen effizienter zu gestalten und damit zukunftsfest zu machen.

Der Modelleisenbahnhersteller Märklin muss sich für die Zukunft neu ausrichten. (Foto: Foto: AP)

Wegen der vier Fertigungsstandorte habe sich bei Märklin in der Vergangenheit ein regelrechter "Teile-Tourismus" entwickelt, der unnötigen Aufwand bedeutet habe. Immerhin würden für die Produktion der komplexen und zum Teil in Handarbeit gefertigten Märklin-Eisenbahnen und des Zubehörs 3000 Einzelteile benötigt.

So will das Unternehmen den thüringischen Standort Sonneberg mit 220 Beschäftigten ganz schließen, in Nürnberg müssen 30 der 63 Mitarbeiter gehen, im Stammwerk Göppingen sind 60 Stellen von der Streichung betroffen.

Ausbau des Stammsitzes geplant

Zugleich betonte Kantowsky im Gespräch mit der SZ, dass "wir jetzt keineswegs den Rückwärtsgang einlegen und reine Personalkürzungen vornehmen". Im Gegenteil, der Stammsitz Göppingen des 1859 gegründeten Unternehmens solle künftig ausgebaut und als Entwicklungszentrum wie auch als Produktionsstandort gestärkt werden.

So wollen die neuen Besitzer, Investoren der Beteiligungsfirma Kingsbridge Capital, in diesem Jahr die Forschungsinvestitionen um 50 Prozent auf 15 Millionen Euro steigern.

Durch die Umstellung der Produktionsabläufe verspricht sich das Unternehmen Effizienzgewinne. Schon in Kürze will die Unternehmensführung mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften die Verhandlungen über Art und Weise des Personalabbaus aufnehmen.

"Schicksal hinter jeder Stelle"

Dabei werde man auch prüfen, ob sich für die von der Standortschließung betroffenen Mitarbeiter andere Beschäftigungsmöglichkeiten bei Märklin auftäten, so Kantowsky. "Wir wissen, dass hinter jeder einzelnen Stelle, die wir streichen müssen, ein Schicksal steht", fügte er hinzu.

Die 30 Produktionsarbeiter am Standort Nürnberg hätten wohl ihre Jobs behalten, wenn Märklin seinerzeit den Zuschlag für den insolventen Nürnberger Gartenbahnhersteller LGB mit 150 Beschäftigten bekommen hätte.

Der aber ist Ende Dezember an den Schmalspurbahn-Betreiber Hermann Schöntag verkauft worden. "Hätten wir LGB übernehmen können, wäre der Produktionsstandort Nürnberg wohl erhalten geblieben", erläuterte Kantowsky. Bereits 2004 hatte Märklin 340 Stellen zum größten Teil in Göppingen gestrichen.

Nach erheblichen Umsatzeinbrüchen hatten die 22 untereinander zerstrittenen Familiengesellschafter im Mai 2006 das Unternehmen für 30 Millionen Euro an die britische Investorengruppe Kingsbridge Capital verkauft. Für diese Lösung hatten sogar Betriebsrat und Beschäftigte auf Göppingens Straßen demonstriert, da Märklin wegen der sich gegenseitig blockierenden Gesellschafter kaum noch handlungsfähig war.

"Zweite Phase der Sanierung"

Kantowsky betonte, es gehe den neuen Eignern nicht darum, dass "Heuschrecken sich eine größere Rendite verschaffen wollen". Vielmehr handele es sich um "die zweite Phase der Sanierung von Märklin".

Das Unternehmen habe nach wie vor verlustträchtige Strukturen. Im Mai habe Märklin mit jährlichen Minusraten beim Umsatz von zehn bis 15 Prozent noch "am Abgrund gestanden". 2005 setzte Märklin etwa 123 Millionen Euro um. Kantowsky erklärte, 2008 wolle Märklin wieder schwarze Zahlen schreiben. Nun werde "massiv in die Zukunft investiert".

© SZ vom 11.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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