Medienkonzern auf Expansionskurs:Time Warner wird neu ausgerichtet

Lesezeit: 2 min

Der Medienkonzern will neue Wachstumsfelder erschließen. "Wir erwarten, dass wir 2004 in jedem Geschäftsfeld einen höheren operativen Gewinn vor Abschreibungen erzielen, mit der einzigen Ausnahme des Filmgeschäfts".

Von Andreas Oldag

(SZ vom 12.1.2004) — Das erklärte Unternehmenschef Richard Parsons in New York. Auch für den angeschlagenen Internetdienst AOL würde ein zweistelliges Gewinnwachstum angestrebt, sagte Parsons auf einer von der Investmentbank Citigroup organisierten Fachkonferenz in Phoenix/Arizona.

Problemfall weniger

Der weltgrößte Medienkonzern halte dabei auch nach Akquisitionen Ausschau, sagte Parsons. "Es ist Zeit, das Teleskop zu schwenken und wieder nach Wachstumsmöglichkeiten zu schauen." Time Warner hat im November seine Musiksparte für 2,6 Milliarden Dollar an eine Investorengruppe verkauft und damit einen Problemfall weniger.

Das Musikgeschäft schrumpft. Raubkopien im Internet machen das Geschäft zunehmend schwierig. Dagegen will sich Time Warner in Zukunft auf Internetdienste sowie das Fernseh- und Filmgeschäft konzentrieren.

Erwartungen gebremst

Vorgespräche mit dem Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer Inc (MGM) über die Möglichkeit einer Fusion kommen jedoch offenbar nicht so rasch voran wie geplant. "Ich würde den Gerüchten nicht so viel Glauben schenken", bremste Parsons die Erwartungen der Börsianer. Insider gehen allerdings davon aus, dass die Verhandlungen weiterlaufen.

Bei einem Erfolg würde es zu einer Vereinigung des weltgrößten Medienunternehmens mit dem Hollywood-Studio kommen, das einen der wertvollsten Filmbestände besitzt. Wie es an der Wall Street heißt, müsse über Preise, Strukturen und andere Details noch intensiv verhandelt werden, sodass ein Abschluss nicht vor Frühjahr dieses Jahres erfolgen könne.

Neuausrichtung

Time Warner will nach Worten Parsons die Internet-Sparte AOL neu ausrichten. "Wir müssen AOL zu einem Produkt machen, das die Kunden auch dann kaufen, wenn sie über einen anderen Anbieter Zugang ins Internet bekommen", sagte Parsons vor kurzem in einem Interview.

Um sich als Premium-Angebot zu etablieren, müsse AOL anfangs Inhalte wie Nachrichten oder Musik zukaufen. Ergänzt werden solle dies durch "kleine, exklusive Extrazusätze" wie Anti-Viren- oder Anti-Spam-Programme. Time Warner hat zudem in den USA den Start eines Internet-Billigangebots angekündigt, das monatlich 9,95 Dollar kosten soll.

Damit soll der Vormarsch von Discountern wie United Online gestoppt werden, der in den ersten neun Monaten 2003 seine Kundenzahl um fast 50 Prozent auf 2,7 Millionen steigerte.

Schwacher Werbemarkt

Der Internetdienst AOL hat mit einem schwachen Werbemarkt, aber auch mit rückläufigen Abonnentenzahlen zu kämpfen. Die Werbeeinnahmen waren im dritten Quartal 2003 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 33 Prozent eingebrochen. Außerdem verlor AOL verglichen mit dem zweiten Quartal 688 000 Abonnenten.

Der Onlinedienst hatte zum Quartalsende nur noch 24,7 Millionen US-Nutzer. Hauptursache waren die Kundenabwanderung zu billigeren Anbietern und die wachsende Konkurrenz durch Telekommunikations-Gesellschaften, die High-Speed-Internetdienste anbieten. Der Konzern Time Warner hat das Kürzel AOL im Oktober aus seinem Namen gestrichen.

Positiv beurteilt Parsons die Entwicklung der TV-Kabelsparte. Sie werde wahrscheinlich in den kommenden drei bis fünf Jahren bei Umsatz und Ertrag zweistellige Zuwachsraten erzielen. Auch einen Börsengang der Kabelsparte schloss der Time-Warner-Chef nicht aus.

Umsatzsteigerung

Um mehr Kunden zu gewinnen, will der Konzern über sein Kabel-System einen USA-weiten Telefon-Service anbieten. In den ersten neun Monaten 2003 steigerte Time Warner den Umsatz auf 31 Milliarden Dollar, nach 30 Milliarden im Vorjahr. Time Warner verdiente zwei Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr wird eine Umsatzsteigerung im mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet.

Zum Konzern gehören AOL, Kabelfernsehkanäle wie CNN, Turner Broadcasting und HBO, das US-Kabelfernsehsystem, Filmstudios wie Warner Bros. sowie die Verlagssparte mit Magazinen wie Time und Fortune.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: