Medien:Springer übernimmt ProSiebenSat.1

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Nach monatelangen Übernahme-Spekulationen ist es nun raus: Der Springer-Konzern übernimmt die Mehrheit an der ProSiebenSat.1 Media AG. Für die Anteile an Deutschlands größtem Fernsehsender zahlt das Verlagshaus 2,47 Milliarden Euro.

Geplant sei eine vollständige Zusammenführung des Unternehmens mit dem der ProSiebenSat.l Media AG, teilte die Axel Springer AG am Freitag nach monatelangen Spekulationen über eine Übernahme mit.

In einem ersten Schritt habe man einen Aktien - und Geschäftsanteilskaufvertrag zum Erwerb sämtlicher von der P7S1 Holding L.P. Direkt und indirekt gehaltenen Stamm- und Vorzugsaktien der ProSiebenSat1. Media AG geschlossen. Springer zahlt 23,37 Euro je Stammaktie und 14,10 Euro je Vorzugsaktie.

In den vergangenen Tagen hatten die Emissäre internationaler Private-Equity-Gesellschaften rund um den Medieninvestor Haim Saban aus Los Angeles im Münchner Nobelhotel Mandarin Oriental mit den Vertretern des Berliner Verlagshauses Axel Springer konferiert.

Schon Mitte der Woche, so heißt es, sei dabei ein Durchbruch erzielt worden. Saban und Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner hätten per Handschlag den Milliarden-Deal besiegelt. Am Schluss sei es noch um einige Details gegangen.

Der Preis pro Aktie von 23,37 Euro wäre für die verkaufsbereiten Finanzfirmen wie Bain ein schöner Zugewinn - sie waren schließlich vor fast zwei Jahren zu einem Schnäppchen-Preis von 7,50 Euro pro Aktie eingestiegen. Am Donnerstag notierte die Münchner Fernseh-AG an der Börse bei 14,80 Euro.

Nur wenig Springer-Aktien an der Börse

Unklar blieben bis zuletzt die Details, wie der Springer-Verlag die Transaktion finanzieren will. Der Umsatz des Pressehauses liegt bei rund 2,4 Milliarden Euro; offensichtlich spielt die Finanzgesellschaft Hellman & Friedman eine große Rolle, die bis dato sowohl bei Springer, als auch an der Pro-Sieben-Gruppe beteiligt ist. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die Doppel-Aktionäre aus San Francisco nun aus dem deutschen Privatfernsehen aussteigen und dafür den Anteil bei Springer erhöhen, wo sie knapp 19 Prozent des Kapitals hält.

Im Hintergrund locken noch größere Kapitalmarktgeschäfte. Es gibt nämlich an der Spitze des Springer-Verlags, dessen Aktien nur in kleinen Dosierungen an der Börse zu kaufen sind, die feste Absicht, mit einem zweiten großen Börsengang die Anteile breit im Publikum zu streuen.

Federführend dabei wäre wieder die Deutsche Bank, die schon 1985 den Verlag auf das Börsenparkett geführt hat. Das Frankfurter Finanzinstitut hat auch bei dem jetzt kurz vor dem Abschluss stehenden Deal die Springer-Leute beraten. Auf Seiten der Verkäufer war offenbar JP Morgan aktiv.

Vorstandschef soll bleiben

Auch die ersten Spekulationen über die Besetzung des Managements der Fernsehgruppe existieren schon. So gilt als ausgemacht, dass Vorstandschef Guillaume de Posch erst einmal bleibt. Er hatte mit einem rigiden Sparkurs (Lieblingsspruch: ,,Show me the numbers!'') die Rendite nach oben gejagt, allerdings hat darunter mitunter die Programmqualität gelitten. Ungefährdet ist wohl auch Sat1-Chef Roger Schawinski, dessen Sender stark zugelegt hat. Als einer der möglichen Neuzugänge gilt Markus Tellenbach, Chef der skandinavischen TV-Gruppe SBS.

Zur Pro-Sieben-Verbund gehören auch noch die Sender Kabel 1, der Nachrichtenkanal N24 und der Gewinnspielsender Neun Live. Springer, der größte deutsche Zeitungsverlag (Bild, Welt), war bisher mit einem Anteil von 12 Prozent lediglich Minderheitsgesellschafter - nun will der Juniorpartner die Mehrheit erlangen. Der Preis soll deutlich über einer Milliarde Euro liegen.

Der US-Medienunternehmer Haim Saban und seine Begleitung, mehrere amerikanische Investmentgesellschaften, sind im August 2003 - 15 Monate nach der Pleite des Gründers und langjährigen Betreibers Leo Kirch - in den deutschen Medienmarkt eingestiegen. Mit der TV-Übernahme würde Springer im Inland zu einem der beiden führenden Medienkonzerne neben Bertelsmann aufrücken. Die Gütersloher besitzen unter anderem die RTL-Gruppe sowie den Großverlag Gruner + Jahr (Stern), wo der jetzige Springer-Chef Döpfner einst als Vorstandsassistent sowie als Chefredakteur der Blätter Wochenpost und Hamburger Morgenpost gearbeitet hat.

Fraglich ist jedoch, ob sich das riesige TV-Investment gut rechnet. Hauptaktionärin Friede Springer legte stets Wert darauf, dass sie die Mehrheit der Aktien behält; auch einer Verschuldung sind recht enge Grenzen gesetzt. Anders als - möglicherweise auch von Saban - erwartet, hat sich kein Bieterprozess rund um die Münchner TV-Occasion ergeben. Konzernen wie NBC Universal oder TF1 war es vermutlich zu teuer.

© SZ vom 5.8.2005/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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