Medien:Auf dem Weg zu "Premium-Zeitungen"

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Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat ein Szenario für die Zukunft des deutschen Zeitungsmarktes aufgezeigt. Nach dieser Vorausschau wird die künftige Zeitungslandschaft aus drei Segmenten bestehen.

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(SZ vom 16.12.2003) — Laut Ernst & Young werden sich binnen zehn Jahren wenige große, überregionale Tageszeitungen als "Premium-Zeitungen" etablierten. Diese hätten sich dank ihres starken Markennamens zu Medienunternehmen mit umfassendem Online-Auftritt entwickeln können. Bei diesen Blättern agierten Print-Ausgabe und Online-Auftritt "gleichwertig nebeneinander".

Bei ihnen stünden Qualität und Exklusivität im Vordergrund. Die Zielgruppe bildeten an Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik interessierte Leser. Finanzieren würden sich die Premium-Zeitungen über im Vergleich zur regionalen Konkurrenz deutlich höhere Verkaufspreise, über Werbung und den Online-Auftritt, der Zusatzinformationen zu Zeitungsartikeln bereitstelle und das gesamte Rubrikengeschäft (Stellen-, Immobilien- und Kfz-Anzeigen) beinhalte.

Das zweite Segment wird demnach aus einer reduzierten Zahl regionaler Tageszeitungen bestehen. Jede Region, so Ernst & Young, werde nur noch von einer Zeitung abgedeckt, die dadurch eine gewisse kritische Größe bei Auflage und Reichweite aufweise.

Reserven aufgebraucht

Durch umfassende Kostensenkungen und weitreichende Kooperationen könnten sich diese Blätter über Werbung der regionalen Wirtschaft und über den Verkaufspreis finanzieren. Drittens verblieben wenige Lokalzeitungen als Nischenanbieter am Markt.

Zur Lage bei den Zeitungsverlagen ließ Ernst & Young die Geschäftsführungen von 100 Unternehmen befragen. Mit großer Mehrheit wird nach der Studie eine zunehmende Konzentration erwartet, entweder durch Fusionen und Übernahmen oder durch das Ausscheiden von Verlagen etwa durch Insolvenz. Ernst & Young merkt an: Sollte sich das bestätigen, wären kleine Verlage mit schwacher Marktstellung "akut bedroht".

Nach der Analyse hält die Krise in der Branche unvermindert an. 2003 sei der Anzeigenumfang um sechs Prozent zurückgegangen. Im Rubrikengeschäft wurde ein Minus von 17 Prozent verbucht.

Im Vergleich zum Boomjahr 2000 brachen die Anzeigen insgesamt um 27 Prozent und die Rubrikenannoncen um 48 Prozent ein. Während die Verlage an eine Erholung des Rubrikengeschäfts mit einem Anspringen der Konjunktur glauben, hält Ernst & Young diese Sicht für zu optimistisch. Dieser Zweig werde dauerhaft auf niedrigem Niveau bleiben.

Zur Finanzlage heißt es in der Studie, die Reserven der meisten Verlage seien nach drei Krisenjahren aufgebraucht. Kostensenkungen wird es nach Ansicht fast aller Verlage auch künftig geben. Betroffen davon seien auch die Redaktionen.

Neue Finanzmittel, die für den laufenden Betrieb und für Investitionen benötigt würden, stünden gleichwohl oft nicht zur Verfügung. Viele Verlage stellten fest, dass die Banken ihnen den Geldhahn zudrehten. Bewegung in den Markt könnten aber Finanzinvestoren bringen. Für sie sei der deutsche Zeitungsmarkt sehr interessant, "da er extrem fragmentiert" sei.

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