"Me Too" auf der Auto-Messe:Neue Kleiderordnung

Lesezeit: 1 min

2013 zeigten die Hostessen von Fiat noch Knie. Mittlerweile diskutieren auch Autohersteller darüber, welche Rocklänge sexistisch ist. (Foto: Denis Balibouse/Reuters)

Die "Me Too"-Debatte erreicht die Auto-Messen und ändert die Kleidervorschriften. Die Röcke sind hier und da etwas länger.

Von Max Hägler

Man sieht sie schon noch auf dem Genfer Autosalon, die Hostessen, die in dieser Branche auch "Pit Babes" oder "Grid Girls" genannt werden. Zum Beispiel diese chinesische Elektrowagen-Firma mit dem unaussprechlichen Namen. Einen spitzkantig geratenen Wagen haben sie auf der Bühne platziert. Davor posieren zwei groß gewachsene Damen. Die engen Kleider sind bodenlang, aber hochgeschlitzt. Wer schmückt da eigentlich wen? Ein paar Stände weiter: gleiches Setting, gleicher Schnitt, nur in Leder. Aber diese Konstellationen, die man klassisch nennen muss - Frauen vor Autos - sind seltener geworden auf der Messe im Vergleich zu den Vorjahren. Es rekelt sich niemand mehr auf Motorhauben. Auch bei der Formel 1 laufen keine Grid Girls mehr zwischen den Rennwagen. In der Branche sei eben die "Me Too"-Debatte angekommen, sagt ein Mann, der 28 Autosalons mitgemacht hat. Auch hier geht es nun um die Frage: Was ist freier Wille, was die Folge männlicher Machtausübung? Was ist schön, was sexistisch?

Das ist, wenn es um Rocklängen geht, eine sehr persönliche Sache, findet Lamborghini-Chef Stefano Domenicali. Aber für die von ihm geführte Rennwagenfirma gilt inzwischen: Frauen an die Macht. Er zeigt auf den Bildschirm an der Wand. Ein blauer Huracan Performante Spyder (610 PS, 3,1 Sekunden von Null auf 100) kurvt in dem Video herum. Am Steuer sitzt eine Frau im Businesskostüm. Das habe nichts mit Politik oder so zu tun, sondern sei Pragmatismus: "Frauen bekommen zum Glück immer mehr eine machtvolle Rolle in unserer Welt, wir bilden das ab", sagt Domenicali.

Inspektion am Stand der Kundigsten in Sachen Autos und Frauen, bei Pirelli. Der Reifenhersteller ist berühmt für seine Kalender mit meist sehr wenig bekleideten Frauen. Aber nackte Busen sind dort kaum noch zu sehen, stattdessen gibt es inzwischen auch Kalender-Boys.

Eine der Damen am Messestand erzählt davon. Sie schiebt ihren Rock ein bisschen herunter. Pirelli möchte ihn dieses Jahr bis zum Knie, sagt sie. Aber klar, immer noch sei dieser Hostessen-Job etwas für Leute, die sich irgendwie sexy kleiden wollen; alle tragen auch hochhackig, 15 Zentimeter. Ihr gefällt das, es ist ihr Job, seit Jahren. Aber nervt das nicht auch manchmal? Na ja, wenn Männer Fotos mit ihr möchten und mit den Händen über den Rücken streichen, dann schon. Das war immer so, sagt sie, hoffentlich wird es weniger.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: