Mautstreit:Der Kanzler greift erneut ein

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Schröder traut Bundesverkehrminister Stolpe die Lösung der Probleme anscheinend nicht mehr zu. Wie die "Süddeutsche Zeitung" erfuhr, spricht das Kanzleramt nun direkt mit der Deutschen Telekom und DaimlerChrysler.

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Die beiden Konzerne stehen hinter dem Mautbetreiber Toll Collect.

"Der Kanzler will die Sache rasch und endgültig vom Tisch haben", verlautete aus Koalitionskreisen.

Die rot-grüne Bundesregierung werde schon zu lange durch das Maut-Desaster beschädigt, hieß es weiter. Die Unternehmen führten den Bund immer wieder an der Nase herum.

Vertragliche Verpflichtungen

Schröder traut seinem Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) offenbar eine Lösung des Problems nicht mehr zu. Der Kanzler verlangt demnach von der Deutschen Telekom und DaimlerChrysler, dass diese ihre Zeitpläne sowie ihre vertraglichen Verpflichtungen einschließlich unbegrenzter Haftung einhalten.

Das von Toll Collect Ende Januar vorgelegte neue Angebot wird auch in der Regierungszentrale entschieden abgelehnt, weil sich dadurch die Position des Bundes erneut verschlechtere.

Sollten die Konzerne in den nächsten Tagen nicht endlich einlenken, werde Schröder einen Schlussstrich ziehen, hieß es weiter. Der Bund würde dann den Vertrag wegen Nichterfüllung aufkündigen, die beiden Konzerne wären dann mit ihrem ambitionierten, bislang gut 700 Millionen Euro teuren Mautsystem gescheitert. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dietrich Austermann, forderte ebenfalls eine Kündigung.

Frist zur Beseitigung

"Wir erwarten, dass die Hängepartie endlich ein Ende hat", sagte er. Toll Collect hätte zwar nach der Kündigung eine Frist von zwei Monaten, um die Systempannen zu beseitigen. Es gilt jedoch als nahezu ausgeschlossen, dass dies gelingen könnte.

Die Verkehrs- und Haushaltspolitiker der Regierungskoalition befürworten derzeit noch eine andere Variante. Toll Collect solle für eine Übergangszeit von zwei bis drei Jahren bei der Mauterfassung die funktionierende Mikrowellen-technologie etwa des italienischen Autobahnbetreibers Autostrade übernehmen, forderte die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig.

Angebot aus Italien

Autostrade-Manager Antonio Marano hatte vorher in Berlin zahlreichen Bundestagsabgeordneten aller Parteien versichert, dass dieses System in 12 bis 14 Monaten betriebsbereit sein werde. Schon von diesem Juli an könne Autostrade monatliche Mautabschläge in dreistelliger Millionenhöhe an den Bund überweisen. "Das finanzieren wir vor", sagte Marano.

Im Gegenzug will sich Autostrade an der Satellitentechnologie von Telekom und DaimlerChrysler beteiligen. Es gebe darüber aber derzeit weder mit den Konzernen noch mit Verkehrsminister Stolpe Gespräche oder Verhandlungen, räumte Marano ein.

© SZ v. 11.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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