Mautpleite gefährdet WM-Planung:Viele Schienen- und Straßenprojekte nicht finanzierbar

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Das Desaster bei der Lkw-Maut bringt die Bundesregierung immer mehr in Bedrängnis und gefährdet sogar die deutsche Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2012 in Leipzig und den Ausbau der Verkehrswege für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006.

Von Klaus Ott

(SZ vom 26.11.2003) - Laut einer internen Streichliste des Verkehrsministeriums, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, sind viele Schienen- und Straßenprojekte voraussichtlich nicht mehr finanzierbar. Im kommenden Jahr fehlen 1,35 Milliarden Euro, der größte Teil wegen der Lkw-Maut, (deren Ausfall den Bund 156 Millionen Euro pro Monat kostet).

Der Liste zufolge sind in Sachsen "alle drei WM- und Olympia-Projekte" beim Straßenbau und die Modernisierung der Bahnstrecke Leipzig - Dresden wahrscheinlich hinfällig.

Erheblicher Rückschlag

In fünf weiteren Ländern, darunter Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, sind sieben Straßenbau-Vorhaben für die WM 2006 gefährdet. Der Verkehrsexperte der CDU im Bundestag, Dirk Fischer, spricht von einem "erheblichen Rückschlag für den Standort Deutschland". Fischer wirft Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) vor, gegenüber dem Parlament "das wahre Ausmaß der Probleme zu verschleiern".

Beim Straßenbau sind in Bayern laut Streichliste neun Vorhaben betroffen, darunter geplante Autobahn-Abschnitte der A 96 bei Memmingen und der A 6 bei Amberg. Außerdem kann in Bayern die ICE-Verbindung von Nürnberg nach Erfurt nicht verwirklicht werden. Insgesamt sind bei der Bahn acht größere Maßnahmen gefährdet, darunter auch der weitere Ausbau des Knotens in Berlin sowie der Linien Berlin - Rostock, von Nürnberg nach Sachsen und von Karlsruhe über Offenburg in die Schweiz.

Streckung oder Abbruch

Die ohnehin von 4,2 auf knapp 3,8 Milliarden Euro gekürzten Mittel des Bundes für die Schiene sollen um weitere 513 Millionen Euro reduziert werden. Davon entfallen 380 Millionen Euro auf bereits begonnene Vorhaben, bei denen von "Streckung/ Abbruch" die Rede ist. Das gehe insbesondere zu Lasten politisch und volkswirtschaftlich bedeutsamer Maßnahmen. 133 Millionen Euro sollen dadurch gespart werden, dass keine neuen Projekte begonnen werden.

Auch bei den Straßenprojekten soll es 2004 keinen Neubau geben. Nach Angaben aus Regierungskreisen liegt die Liste Verkehrsminister Stolpe vor, ist aber von ihm noch nicht unterzeichnet. Das Ministerium erklärte, es gebe noch keine "offizielle, autorisierte Streichliste".

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