Mautpannen:Stolpe gibt sich siegessicher

Lesezeit: 2 min

Der Bundesverkehrsminister rechnet fest damit, dass die Konzerne DaimlerChrysler und Deutsche Telekom einen milliardenschweren Schadensersatz für den verspäteten Start ihres Mautsystems zahlen müssen.

Von Ulf Brychcy

"Ich bin überzeugt, dass die Kasse klingeln wird", sagte Stolpe der Süddeutschen Zeitung. Der SPD-Minister sieht den Bund in diesem in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bislang einmaligen Rechtsstreit in einer starken Position. Die Bundesregierung unterstellt den Unternehmen Betrugsabsicht.

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe ist sicher: Deutsche Telekom und DaimlerChrysler müssen Milliarden zahlen. (Foto: Foto: Reuters)

DaimlerChrysler und Deutsche Telekom sollen nach Auffassung des Verkehrsministers rund 4,6 Milliarden Euro plus Zinsen zahlen, weil ihre gemeinsame Tochter Toll Collect das satellitengestützte Autobahn-Mautsystem erst mit einem Verzug von 16 Monaten in Betrieb nehmen konnte.

Die Milliardensumme setzt sich aus den Mautausfällen und Vertragsstrafen zusammen. Die Konzerne lehnen die Forderung des Bundes strikt ab. Man werde sich gegen die Ansprüche entschlossen zur Wehr setzen, lautet etwa die Position von DaimlerChrysler.

Dreiköpfiges Schiedsgericht

Beide Seiten hatten sich bereits im Vorfeld darauf geeinigt, dass ein dreiköpfiges Schiedsgericht über den Streit entscheiden soll. Das Gremium sei am 4.April zum ersten Mal zusammengekommen, sagte Stolpe. Dabei hätten sich die Vertreter des Bundes sowie von Deutscher Telekom und DaimlerChrysler mit den Schiedsrichtern ausgetauscht.

Stolpe bestätigte, dass der Bund noch keine Klageschrift vorgelegt habe. "In den nächsten Wochen werden wir unser Anliegen ausführlich begründen", sagte er.

Der Minister rechnet damit, dass eine Entscheidung des Schiedsgerichtes unter dem Vorsitz von Bundesgerichtshof-Präsident Günter Hirsch bald fallen werde. "In Monaten sind wir soweit", sagte er. Dabei ließ Stolpe offen, ob die Bundesregierung auch einen Vergleich akzeptieren würde.

Schon 661 Millionen eingenommen

Losgelöst von dieser Auseinandersetzung um Milliarden zeigte sich der Verkehrsminister nunmehr sehr zufrieden mit der Mautanlage, die nach einer langen Pannenserie zu Jahresbeginn gestartet ist.

"Es ist doch noch eine Erfolgsgeschichte geworden", sagte er. Die Einnahmen in den ersten drei Monaten haben sich auf 661 Millionen Euro belaufen, mit weiter steigender Tendenz im April.

Da die kommenden Monate im Speditionsgewerbe besonders verkehrsstark sind, erwartet Stolpe Jahreseinnahmen von drei Milliarden Euro. "Spekulationen, ob wir dieses Ziel möglicherweise übertreffen werden, sind nach wie vor verfrüht", stellte er fest.

Keine allgemeine Erhöhung ab 2006

Forderungen des grünen Koalitionspartners und des ADAC, künftig auch Kleinlaster ab 3,5 Tonnen mit einer Autobahn-Mautpflicht zu belegen, beurteilte der Bundesverkehrsminister skeptisch: "Ich habe Vorbehalte, weil dies mittelstandsfeindlich wäre." Vor allem Handwerker würden darunter leiden.

Zugleich stellte Stolpe klar, dass es eine allgemeine Erhöhung der Lkw-Maut ab 2006 nicht geben werde. Die Bundesregierung will allerdings erreichen, dass deutsche Spediteure wegen diverser Standortnachteile eine Mautkompensation in Höhe von jährlich 600 Millionen Euro erhalten. Sollte die EU-Kommission dies genehmigen, wird die durchschnittliche Kilometermaut ab Januar von 12,4 Cent auf 15 Cent erhöht.

Kontrollen gegen Mautpreller

Der Minister sicherte zu, dass Bund und Länder rasch gegen Lkw vorgehen wollen, die auf mautfreien Straßen ausweichen würden. "Wir nehmen die Beschwerden von Anwohnern und Verbänden ernst", sagte er.

Die Maut kann aus technischen Gründen allerdings erst ab Anfang nächsten Jahres auf bestimmte Bundesstraßen ausgeweitet werden. Die Länder und Kommunen könnten jedoch schon jetzt etwas mit Durchfahrverboten und Tempolimits unternehmen. Der Minister kündigte zudem an, dass es nun auch in der Nacht verstärkt Kontrollen gegen Mautpreller geben werde.

© SZ vom 12.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: