Maut-Chaos:Ex-Minister sieht "völlige Haftung" bei Toll Collect

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Für die Schäden, die dem Bund durch den verzögerten Start der geplanten Lkw-Maut entstehen, muss laut Ex-Verkehrsminister Bodewig der Betreiber haften. Es geht um 156 Millionen Euro pro Monat.

Die entscheidende Sitzung zur Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen hat am Montag begonnen. Bei dem zweitägigen Treffen wollen Experten der Behörden und des Betreibers klären, wann die ernsthafte Probephase beginnen und ob der Termin 2. November für den Beginn des Inkassos gehalten werden kann. Von Spediteuren wurde unterdessen Frühjahr 2004 als realistischer Termin genannt. Die Diskussion um die Verantwortung für die Pannen hielt an.

Maut-Betreiber Toll Collect haftet nach Ansicht des früheren Verkehrsministers Kurt Bodewig für die Schäden, die dem Bund durch den verzögerten Start entstehen. Im ZDF-Morgenmagazin wies der SPD-Politiker Kritik an dem Vertragsabschluss mit Toll Collect während seiner Amtszeit zurück.

Bodewig beruft sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch

Dem Unternehmen warf er Bruch der vertraglich vereinbarten Vertraulichkeit vor. Zur Haftungsfrage sagte Bodewig, niemand bestreite, dass das Bürgerliche Gesetzbuch mit seinen Haftungsbestimmungen gelte: "Wenn der Vertrag offenliegt, werden wir sehr deutlich nachweisen können, dass die Haftung besteht." Dem Bund entgehen seit 31. August monatlich 156 Millionen Euro an Mauteinnahmen.

Ministeriumssprecher Michael Zirpel kündigte für Mittwoch eine Unterrichtung über die Ergebnisse der Arbeitssitzung an. Für den Probelauf sei keine bestimmte Dauer nötig, erfüllt werden müssten aber "qualitative Bedingungen".

Die weit überwiegende Zahl der Mauterfassungsgeräte in den Lastwagen läuft nach Angaben des Transportgewerbes immer noch nicht stabil. Bisher sind nach Auskunft des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) rund 40 Prozent der bestellten On-Board-Units (Obus) eingebaut. Von diesen wiederum funktionierten weniger als 20 Prozent.

Der BGL berief sich auf eine Umfrage bei 500 eigenen Mitgliedern. "15 Obu-Bestellungen führten bislang zu einem fehlerfrei funktionierenden Gerät", schrieb der Verband. Durchaus unterschiedlich waren dabei die Erfahrungen mit den Geräten, die von zwei Herstellern geliefert werden: "Häufigste Störung bei Grundig-Geräten: Gerät meldet mautfrei, obwohl eine mautpflichtige Autobahn befahren wird. Häufigster Fehler bei Siemens-Geräten: für eine mautfreie Strecke werden Gebühren berechnet."

Spediteure gegen Stolpe-Rücktritt

Der Bundesverband Spedition und Logistik wandte sich gegen Rücktrittsforderungen an Minister Stolpe. Vizepräsident Michael Kubenz sagte im NDR, wenn Stolpe jetzt zurückträte, würden der Prozess einer verlässliche Mautabrechnung und der europäischen Harmonisierung der Abgaben "wieder weiter zurück fallen". Stolpe habe die Probleme der Transportwirtschaft "ganz deutlich begriffen". Kubenz kündigte weitere Klagen gegen Toll Collect an.Die Spediteure wollen für Umsatzeinbußen bei Einbau und Reparatur der Obus entschädigt werden.

Als realistischen Starttermin für die Maut nannte er "Frühjahr nächsten Jahres". "Der Termin 2. November auf keinen Fall mehr, aber auch der Termin 1. Januar oder 2. Februar wird aus meiner Sicht schon sehr schwierig", sagte Kubenz. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Lippold hielt im Deutschlandfunk Ostern als Starttermin realistisch.

(sueddeutsche.de/AP)

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