Mathias Döpfner - Schöngeist und Manager:Ein Springer zwischen zwei Welten

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Mathias Döpfner schreibt über Klassik, lobt Wolf Biermann und leitet den Springer-Verlag. Über einen Mann zwischen Bild-Zeitung und Bourgeoisie.

Michael Jürgs, SZ-Magazin

An einer der weißen Tafeln des italienischen Restaurants, in dem sich Berlinmittige beim Essen beobachten, sitzen zwei Frauen und drei Männer und erzählen sich was. Eine dritte Frau tritt hinzu. Sie begrüßt die Frauen und zwei der Männer, die beide aufstehen, wie es sich gehört. Der dritte Mann bleibt sitzen, als sie neben ihm Platz nimmt, und nickt ihr kurz zu.

Der frühere Journalist Mathias Döpfner kennt die Risiken des zweitältesten öffentlichen Gewerbes. (Foto: Foto: dpa)

Das dürfte ihr Ehemann sein.

Aus einer Ansichtssache logisch scheinende Schlüsse zu ziehen, eine Vermessung der Welt nach Augenblicken vorzunehmen, ist zwar anmaßend, aber für Journalisten typisch wie zum Beispiel auch die Suche nach Leichen in den Kellern der Mächtigen, der Reichen, der Schönen.

Über Menschen zu urteilen, die man kaum kennt, aber erkennbar zu machen glaubt, indem man sie beschreibt, gehört im zweitältesten öffentlichen Gewerbe zum Tagesgeschäft.

Das Spiel ist ihm vertraut

Der Vorstandsvorsitzende des Verlages Axel Springer weiß um diesen Faktor Risiko. Denn Mathias Döpfner, 44, war Journalist, bevor er Manager wurde. Das Spiel ist ihm also vertraut aus den Zeiten, da er auf der anderen Seite des Tisches saß.

Mit Fakten und nicht bloß per Augenschein belegbar sind Erfolge wie Misserfolge in der Karriere Döpfners, der als geborener Rheinländer mit Wohnsitz im preußischen Potsdam inzwischen aus Pflichten Lustgewinn zu ziehen vermag.

Verlust von Leben ist nach landläufiger Meinung zwar der Preis für Macht, doch wer darüber klagt, sollte die Küche, in der es nun mal heiß zugeht, lieber verlassen. Der vielfache Familienvater Döpfner mag die Hitze.

Des Nachts öfter aufgewacht

Nachdem er vor einem halben Jahr, wenn auch zu einem Vorzugskurs von 77 Euro pro Aktie, zwei Prozent Anteile am Verlag erwarb, den er leitet, wachte er wegen des Risikos, sich mit mehr als fünfzig Millionen Euro privat verschuldet zu haben, "des Nachts öfter auf mit der Frage: Was, wenn ich einmal Zinsen und Tilgung nicht bedienen kann? Und genau dieses Empfinden des Unternehmerrisikos ist gesund."

Mittlerweile hat er, dann zum Aktienkurs von 122 Euro, ein knappes Drittel seiner Anteile verkauft und die Verschuldung reduziert. Nach Ausübung des Optionsprogramms werden ihm wieder genau zwei Prozent der Aktien gehören.

Döpfner genießt seit seinem Amtsantritt im Jahre 2002, da der Kontostand bei Axel Springer minus 191 Millionen Euro betrug, als größtmöglicher Vorsitzender, den sein Schneider bei 2,01 Meter vermisst, die mittlerweile auf über 291 Millionen pro Jahr gestiegenen Gewinne, so das eben gemeldete neuerliche Rekordergebnis, wie eine gelungene Operninszenierung. Davon versteht er mehr als andere.

Das Highlight des gedruckten Artikels

Döpfner hat nicht, wie auf seinen Spielbühnen üblich, in Betriebswirtschaft oder Jurisprudenz promoviert, sondern seine Dissertation über Musikkritik in Deutschland nach 1945 geschrieben, und angefangen hatte der Jüngling einst als Musikkritiker bei der FAZ. Bis heute zählt er seinen ersten da gedruckten Artikel zu den Highlights des beruflichen Lebens.

Dass er kühl taktierend den Verlag, der ihm ein festes Jahresgehalt von geschätzt fünf Millionen Euro zahlt, vom bedrohlichen Schattenmann Leo Kirch befreit und dabei noch Kasse gemacht hat.

Dass er als einziger Europäer in den Verwaltungsrat von Time Warner in New York berufen wurde. Weil in diesem Board nicht nur abgenickt wird, wie es so Sitte ist in deutschen Aufsichtsgremien, was Vorstände beschlossen haben. Sondern Döpfner mit seiner Lust auf Risiko, Scheitern inbegriffen - drüben unter "nice try" abgehakt anstatt Karrieren für beendet zu erklären - auf "die Champions League der Branche trifft". Das fasziniert ihn. Eine solche Klasse erlebt er in der Deutschland AG eher selten.

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Zweiter Teil des Artikels - SZ Magazin vom 09.03.07

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