Maßlosigkeit:Industrie-Präsident kritisiert Manager

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Der Druck auf die Wirtschaft steigt, Gehälter von Topmanagern ebenso wie die Zahl von Aufsichtsratsmandaten zu begrenzen. "Auch Topmanager haben sich am simplen Begriff des ehrbaren Kaufmanns zu orientieren", sagte BDI-Chef Michael Rogowski im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Robert Jacobi

(SZ vom 02.07.03) - "Wir brauchen mehr Vorbilder", fordert BDI-Chef Michael Rogowski ein. Die Bezüge sollten am Wertzuwachs des Unternehmens gemessen werden, um mögliche Exzesse kenntlich zu machen.

"Dazu gehört, für sich selbst nicht mehr zu tun als für die Mitarbeiter, Aktionäre und die Gesellschaft", ergänzte er. Das Gewinnstreben dürfe nicht verteufelt werden, da es "Antrieb und Grundlage für jedes Unternehmen" sei.

Jede Firma brauche ein Wertegerüst, das unmöglich nur aus der Wertsteigerung für den Kapitalmarkt und die Topmanager bestehen könne. Glaubwürdig sei man "nicht mit Sprüchen, sondern durch Transparenz, Offenheit und Konsistenz im Handeln."

Freiwillige Kontrolle

Die Wirtschaftsverbände verstärken gemeinsam ihre Bemühungen, über freiwillige Kontrollmechanismen einen weiteren Ansehensverlust zu verhindern. Damit reagieren sie auch auf zunehmenden politischen Druck.

An diesem Mittwoch will Bundeskanzler Gerhard Schröder auf einem Symposium der vier wichtigsten Verbände an die Unternehmer appellieren, ethisch zu handeln. Schon in seiner Regierungserklärung im März hatte der Kanzler Großkonzerne und ihre Topmanager zu mehr Bescheidenheit aufgefordert.

Rogowski lehnt gesetzliche Vorgaben strikt ab, setzte sich aber für eine stärkere gegenseitige Kontrolle ein. "Ein Vergleich der eigenen Bezüge mit der Wertsteigerung des betreffenden Unternehmens ist beispielsweise eine Form von Transparenz, die allen nutzt", empfahl er.

"Weder Götter noch Raffkes"

Der Verbandschef warnte davor, aus einzelnen Exzessen in den Großkonzernen auf die gesamte Wirtschaft zu schließen. "Wir sind weder Götter noch Raffkes, sondern ganz normale Menschen", sagte er. Auch bei strengeren Vorgaben werde es deshalb immer "einige schwarze Schafe" geben.

Kritisch bewertet Rogowski allerdings die Offenlegung der Einzelbezüge von Managern. Diesen Punkt hatte die Corporate-Governance-Kommission, die Thyssen-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme im Auftrag der Bundesregierung leitet, im Mai in ihren Kodex aufgenommen.

"Es genügt völlig, wenn die Gesamtbezüge eines Vorstands veröffentlicht werden", sagte er. Dann könne sich jeder ausrechnen, wie viel Geld jedes einzelne Vorstandsmitglied ungefähr verdiene. Das Recht auf Datenschutz gelte für Topmanager genauso wie für andere Bürger.

Gesetzeskeule

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte auf gesetzliche Obergrenzen unter der Voraussetzung verzichtet, dass der Kodex strikt eingehalten werde.

Ausdrücklich sprach sich Rogowski aber dafür aus, die Zahl von Aufsichtsratsmandaten zu begrenzen. "Wer einen Aufsichtsrat leitet, sollte sich nicht viele zusätzliche Mandate leisten", sagte Rogowski. "Ich habe auch schon sehr viele Mandate, davon aber nur eines als Vorsitzender", räumte der Verbandschef ein, der den Aufsichtsrat der J.M. Voith AG in Heidenheim leitet. Die Zahl des Cromme-Kodex von maximal sechs Mandaten sei ein "guter Richtwert".

Zwiespältig betrachtet Rogowski die auch von ihm selbst geübte Praxis, dass Ex-Vorstandschefs an die Spitze des Aufsichtsrats wechselten. "Die Gefahr besteht, dass der Vorgänger aus Eitelkeit ständig überprüft, ob seine Linie weiterverfolgt wird, auch wenn sie nicht so erfolgreich war."

"Von Fall zu Fall"

Allerdings sei der Wechsel oft sinnvoll, weil ein früherer Vorstandschef sich ein besseres Bild davon machen könne, "wohin sich das Unternehmen entwickelt". Letztlich solle diese Frage "von Fall zu Fall" entschieden werden, sagte Rogowski und appellierte an die Unternehmer, den Corporate-Governance-Kodex einzuhalten.

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