Mannesmann-Prozess:Phalanx der großen Namen

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Die Angeklagten bieten die erste Garde der Strafverteidiger auf — die Staatsanwälte und Richter haben mit Verfahren vom Mannesmann-Kaliber keine Erfahrung.

Von Hans Leyendecker

Im Gerichtssaal L 111 wird ein Teil der Elite der deutschen Anwaltschaft gegen drei Staatsanwälte kämpfen, deren Namen außerhalb Düsseldorfs kaum jemand kennt. Auch hat die zuständige 14. Wirtschaftsstrafkammer mit Verfahren dieser Größenordnung keine Erfahrung.

Die Anwälte:

Egon Müller, Jahrgang 1938. Ein Leben lang Primus zu sein, ist keine leichte Aufgabe, aber Egon Müller hat sie mit Bravour bewältigt.

Ob beim Fußball oder Tennis, ob im Hör- oder Gerichtssaal - der Saarbrücker will der Beste sein. Seine streitbare Intelligenz und seine Sprachfertigkeit haben ihn berühmt gemacht. Experten vergleichen ihn mit dem wohl größten Verteidiger der Nachkriegszeit, Erich Schmidt-Leichner (S-L).

Für Müller ist Strafverteidigung die "Chirurgie der Jurisprudenz". Schon den FDP-Politiker und früheren Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff hat er in der Parteispendenaffäre erfolgreich vertreten, und in den vergangenen Jahren gab es nur wenige wichtige Wirtschaftsstrafverfahren, bei denen Müller nicht dabei war.

Nun verteidigt er den früheren Mannesmann-Vorstandsvorsitzenden Joachim Funk. Es wird vermutlich Müllers letzter großer Auftritt im Gerichtssaal sein. Er wolle nicht, wie S-L, am Ende sein eigener Gefangener sein, hat er gesagt.

Sven Thomas, Jahrgang 1947. Der Fachanwalt für Strafrecht, verteidigt den früheren Mannesmann-Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser. Thomas tritt seriös auf, bleibt am Thema und ist als Redner eine Naturbegabung. Seine große Stunde schlägt deshalb immer im Gerichtssaal.

Unaufmerksamkeiten des Gerichts oder der Anklage nimmt er sofort zum Anlass, um anzugreifen. In vielen Verfahren hat er sich den Respekt der anderen Prozessbeteiligten erzwungen.

2003 stand er dem EM.TV-Gründer Florian Haffa in einem Prozess in München zur Seite, für den Wuppertaler Oberbürgermeister Hans Kremendahl hat er in einem Korruptionsverfahren in erster Instanz einen Freispruch errungen.

Eberhard Kempf, Jahrgang 1943. Als die Mannesmann-Ermittlungen anliefen, brauchte es eine Weile, um die rechtlichen Berater der Deutschen Bank davon zu überzeugen, dass Vorstandschef Josef Ackermann juristischen Beistand von außen brauche. Müller und Thomas empfahlen den Frankfurter Anwalt Eberhard Kempf.

In seiner Jugend gehörte Kempf einer kommunistischen Sekte an. Einen "Linksanwalt" nannte man so einen früher in den großbürgerlichen Kreisen. Den Opec-Terroristen Hans-Joachim Klein hat Kempf noch verteidigt, als er schon in großen und bedeutsamen Wirtschaftsstrafverfahren auftrat.

Jürgen W. Möllemann war sein Mandant, genauso vertritt er den CDU-Finanzberater Horst Weyrauch. Seit 1996 ist Kempf, der als konzeptionell und intelligent gilt, Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins.

Rainer Hamm, Jahrgang 1943. Der Frankfurter Anwalt, der den früheren IG-Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel vertritt, wird zumeist als "ausgewiesener Revisions-Experte" vorgestellt. Das beschreibt seine Fähigkeiten nicht ausreichend.

Hamm kämpft im Gerichtssaal mit allen Mitteln, die die Strafprozessordnung zulässt. Ablehnungsanträge sind von ihm in Serie zu erwarten. Von 1996 bis 1999 war Hamm neben seiner Anwaltstätigkeit Datenschutzbeauftragter in Hessen. In einer Trauerrede für den im vergangenen Jahr verstorbenen Spiegel-Gerichtsreporter Gerhard Mauz klagte er über die "Deal-Verhandlungen" im Gerichtssaal, die "vielfach beschönigend als Verständigung oder Urteilsabsprachen" bezeichnet würden.

Die Ankläger:

Johannes Puls, Jahrgang 1960. Der Düsseldorfer Staatsanwalt beschäftigt sich seit knapp zehn Jahren mit Wirtschaftskriminalität. Ein Prozess dieser Größe ist für ihn Neuland. Das galt auch für seine beiden Kollegen Lothar Schroeter und Dirk Negenborn.

Die Richterin:

Brigitte Koppenhöfer, Jahrgang 1951. Die Vorsitzende Richterin war bis vor wenigen Jahren Jugendrichterin und hat mit Verfahren dieser Größenordnung keine Erfahrung.

Ihre Kammer kam zu dem Fall, weil sie unter anderem für Verfahren zuständig ist, in denen der Name des ältesten Angeklagten mit "F" beginnt — wie hier der von Ex-Vorstandschef Joachim Funk, 70.

© SZ vom 21.01.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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