Mannesmann-Prozess:Der Neue im Team der Verteidiger

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Für die zweite Runde im Mannesmann-Prozess hat Klaus Esser kurzfristig den Anwalt gewechselt und setzt jetzt auf den Berliner Daniel Krause.

Daniela Kuhr

Der Anruf kam im Frühling. Das genaue Datum hat er nicht parat. "Ich weiß nur noch, dass ich mich gefreut habe", sagt Daniel Krause. Die Freude ist verständlich.

Geht mit neuem Anwalt in die zweite Runde des Mannesmann-Prozesses: Klaus Esser (Foto: Foto: dpa)

Schließlich ist Krause Wirtschaftsstrafverteidiger in Berlin, und am anderen Ende der Leitung war Klaus Esser - zentrale Person in einem Verfahren, an dem vermutlich jeder Wirtschaftsstrafverteidiger gern beteiligt wäre: Am 26. Oktober geht der Mannesmann-Prozess, das spektakuläre Strafverfahren um Millionenprämien, vor dem Düsseldorfer Landgericht in eine neue Runde - und Esser wollte Krause als neuen Verteidiger gewinnen.

Blick hinter die Kulissen

"Das ist ein Strafprozess, zu dem wohl jeder eine Meinung hat", sagt der Anwalt. "Natürlich hat es mich da gereizt, hinter die Kulissen schauen zu dürfen und zu erfahren, was tatsächlich geschehen ist. Dabei ist mir auch deutlich geworden, dass die Position von Herrn Esser in der Sache stark ist und es sich für sie zu streiten lohnt." Er habe sich mit dem einstigen Konzernchef getroffen und "schnell das Gefühl gehabt, dass das eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit wird".

Der 42-Jährige kommt aus einer Juristenfamilie. Mutter und Großvater hatten bereits den Anwaltsberuf gewählt. Der Vater dagegen war Pfarrer. "Diese Mischung hat mich wohl dazu gebracht, dass ich Menschen begleiten will, die sich unberechtigten Vorwürfen ausgesetzt sehen", sagt der Berliner, der auch den früheren Vorstandschef der Hypo-Bank, Eberhard Martini, verteidigt hat. Die Aufgabe des Anwalts sei es, "durch engagierte Verteidigung die Position des Mandanten zu Gehör zu bringen und für sie zu streiten".

Viel Zeit war nicht bis zum Prozessauftakt

Krause musste sich in die Aktenberge zügig einarbeiten. Viel Zeit blieb dem zweifachen Familienvater nicht, denn bis zum erneuten Prozessauftakt in Düsseldorf waren es nur noch wenige Monate. Und gerade deshalb war Essers Anliegen auch eher ungewöhnlich.

Im Ermittlungsverfahren, im ersten Prozess und in der Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof hatte der einstige Konzernchef auf den Düsseldorfer Verteidiger Sven Thomas und den Münsteraner Professor Jürgen Welp gesetzt. Während er an Welp auch weiterhin festhält, trennte er sich im Frühjahr überraschend von Thomas.

"Ich habe nicht den Eindruck, dass bislang Fehler gemacht wurden"

Zu den Gründen schweigen die Beteiligten hartnäckig. Auch Krause behauptet, nicht zu wissen, warum Esser so spät noch einen seiner beiden Anwälte gewechselt hat. "Der Anlass ist mir nicht bekannt", sagt er. "Aber jedenfalls habe ich nicht den Eindruck, dass da bislang irgendwelche Fehler gemacht wurden."

Ob er trotzdem etwas anders machen will als sein Vorgänger? "Natürlich, es muss nun vieles anders gemacht werden, schließlich hat der Bundesgerichtshof mit seinem Revisionsurteil ein komplett neues Programm aufgestellt."

Im Gegensatz zum Landgericht Düsseldorf, das die sechs Angeklagten zunächst freigesprochen hatte, sah der Bundesgerichtshof in Essers Millionenprämie ein Geschenk, für das es keinen Anlass gegeben habe. Das Präsidium des Aufsichtsrates, das die Bonuszahlung bewilligt hatte, habe sich wie ein Gutsherr benommen, stellten die obersten deutschen Strafrichter fest. Das Gremium sei jedoch nur ein Gutsverwalter, der fremdes Vermögen betreue.

Da bereits festgestanden habe, dass Esser das fusionierte Unternehmen verlässt, habe die Prämie auch keinen Anreiz für gute Leistungen in der Zukunft geboten. Kurz: Der Aufsichtsrat habe nicht im Interesse des Unternehmens gehandelt, als er die Zahlung bewilligte.

Die Stimmung war enorm aufgeheizt

"Es wird unsere Aufgabe sein, das Gegenteil zu zeigen", sagt Krause. Im Frühjahr 2000 nach der Abwehrschlacht sei die Stimmung enorm aufgeheizt gewesen. "Für das Gelingen der Integration und die Wahrung der Interessen von Mannesmann war es wichtig, dass Herr Esser und damit Mannesmann gestärkt wurden.

Die Prämie, die ja schließlich mit ausdrücklicher Zustimmung von Vodafone gezahlt wurde, hatte auch breite Signalwirkung. Sie zeigte, dass die Feindschaft des Übernahmekampfes überwunden war", sagt der Verteidiger. "Sie bot zudem einen Anreiz, in der bevorstehenden Integration besonders die Interessen von Mannesmann durchzusetzen. Und das ist auch gelungen", meint Krause.

Neue Zeugen benannt

Um dies zu beweisen, haben er und Welp bereits einige neue Zeugen benannt, darunter Manager, die bei Strategiesitzungen teilgenommen hatten. Krause glaubt aber nicht, dass der Prozess deshalb länger dauern wird als beim ersten Mal. "Wir haben jetzt die Vorgaben des Bundesgerichtshof und können die Zeugen zielgerichtet befragen."

Auf Vorschlag des Vorsitzenden Richters Stefan Drees hat im Mai bereits ein Treffen in Düsseldorf stattgefunden, an dem sämtliche Verteidiger und die Vertreter der Staatsanwaltschaft teilgenommen haben. "Die Stimmung war sachlich", sagt Krause, der Mitglied im Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer ist. Er gibt sich zuversichtlich, für seinen Mandanten erneut einen Freispruch zu erwirken.

Sein großes Ziel kann der Verteidiger jedoch nicht mehr erreichen. Er strebe immer an, dass die Sache noch im Ermittlungsverfahren eingestellt wird, sagt Krause. "Es geht darum, möglichst früh das Bewusstsein der Staatsanwaltschaft zu schärfen, dass die Dinge sich doch anders darstellen und komplizierter sind, als sie bei der Aufnahme der Ermittlungen zunächst scheinen." Im Mannesmann-Prozess ist es dafür jedoch zu spät.

(SZ vom 22.9.2006)

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