Mannesmann-Prozess:Angebliche Verschwörung auf der Herrentoilette

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Im Mannesmann-Verfahren ist ein spektakulärer Verdacht aufgetaucht. Die mehrere 100 Millionen DM teure Abwehrschlacht zwischen Mannesmann und Vodafone soll lediglich ein inszenierter Scheinkampf gewesen sein.

Dieser Scheinkamf sollte die Aktionäre durch die erwartbaren Kursgewinne bereichern.

Der Verteidiger von Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser, Sven Thomas, sprach von einer besonders abwegigen Verschwörungstheorie.

Scheinkampf-These

Grundlage sei ein angeblich auf einer Herrentoilette geführtes Gespräch eines Unternehmers mit einem an dem Übernahmekampf beteiligten Investmentbanker, sagte Thomas. Der Hinweis komme von der gleichen Anwaltskanzlei, die das Ermittlungsverfahren mit Strafanzeigen ins Rollen gebracht habe.

Hintergrund sind Pläne der Staatsanwaltschaft, den Investmentbanker Scott Mead nachträglich als Zeugen zu laden. Der damalige Übernahme-Experte des Bankhauses Goldman-Sachs wird mit der Scheinkampf-These in Verbindung gebracht. Die Ladung von Mead über ein Rechtshilfeersuchen an Großbritannien kann Monate dauern.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft widersprach dem Vorwurf der Verteidiger, mit der geplanten Zeugenladung den Prozess zu verschleppen. Die Ermittler hätten bereits vor Wochen Maßnahmen zur Vernehmung Meads eingeleitet.

Unmittelbar seit dem Rechtsgespräch, das weiteren Beweisbedarf für die Anklage offenbart habe, sei damit begonnen worden. Mead habe eine wichtige Rolle bei der Übernahme gespielt.

Unterdessen breitete am Donnerstag ausgerechnet ein Düsseldorfer Staatsanwalt im Gerichtssaal Argumente für die Unschuld der Angeklagten aus.

Oberstaatsanwalt Hans-Otto Sallmann erläuterte als Zeuge dem Düsseldorfer Landgericht, warum er im Jahr 2000 ein Ermittlungs-verfahren wegen der Millionenprämien bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone abgelehnt hatte. Seine Entscheidung war später aufgehoben worden.

Keine Frage der Bestechlichkeit

"Dreh- und Angelpunkt war für mich die Frage der Angemessenheit der Sondervergütung", sagte Sallmann. Angesichts einer Börsenkurs-steigerung von 155 Milliarden DM habe er die Prämie für den damaligen Mannesmann-Chef Klaus Esser als vertretbar beurteilt.

Da die Zuwendungen von der Arbeitgeberin Essers kamen, sei die Frage der Bestechlichkeit ohnehin ausgeschlossen gewesen. "Das war's. Da habe ich gesagt: Das ist nicht strafbar", schloss Sallmann, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft geladen worden war.

Gründe, warum schließlich doch ein Verfahren eingeleitet wurde, durfte Sallmann nicht nennen: Sein Behördenleiter hatte ihm nur eine eingeschränkte Aussagegenehmigung erteilt.

"Die schießen gerne Eigentore", kommentierte Klaus Volk, Verteidiger von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, die Aussage des Anklägers.

Dagegen sah eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft die Anklage durch die Aussage des Beamten gestärkt: Sallmann habe deutlich gemacht, dass er seine Entscheidung auf der Grundlage von Informationen gefällt habe, die er von Mannesmann erhalten hatte. Diese Informationen hätten sich inzwischen in zentralen Punkten als falsch erwiesen.

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