Managerhaftung für Ad-hoc-Mitteilungen:Zu früh gefreut

Lesezeit: 1 min

Geprellte Aktionäre werden jubeln — doch wer sich die Begründung der Richter etwas genauer ansieht, bekommt Zweifel, dass sie wirklich ein Grundsatzurteil gesprochen haben.

Von Daniela Kuhr

Endlich hat der Bundesgerichtshof ein Machtwort gesprochen: Vorstände, die bewusst falsche Pflichtmitteilungen veröffentlichen, müssen den Anlegern den daraus entstandenen Schaden ersetzen, und zwar persönlich.

Von einem "Grundsatzurteil" und von einer "Stärkung des Finanzplatzes Deutschland" sprechen Prozessbeobachter. Schließlich hatten viele Anleger nach den Skandalen am Neuen Markt das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt verloren.

Sonderfall Infomatec

Doch Vorsicht: Wer sich die kurze Begründung der Richter etwas genauer ansieht, bekommt Zweifel, dass sie wirklich ein Grundsatzurteil gesprochen haben.

Ein Grundsatzurteil läge nur dann vor, wenn sich der entschiedene Sachverhalt so noch in vielen anderen Fällen zugetragen hätte. Doch die Klagen, über die das Gericht geurteilt hat, betrafen ausschließlich das inzwischen insolvente Software-Unternehmen Infomatec.

Die Vorstände der früheren Neue-Markt-Firma hatten mehrere völlig falsche Mitteilungen veröffentlicht und sind dafür inzwischen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Marktschreierisch hatten sie angebliche Deals verkündet, die tatsächlich so nie geschlossen worden waren.

Den Vorsatz zu einer sittenwidrigen Schädigung konnte das Gericht deshalb problemlos bejahen. Dies lässt sich aber nicht automatisch auch auf andere Fälle übertragen, bei denen Aktionäre sich geprellt fühlen Auch mit der leichteren Beweisführung, die der Bundesgerichtshof in der Verhandlung vergangene Woche in Aussicht gestellt hatte, ist es nicht weit her.

Den erhofften Durchbruch für Aktionärsklagen bringt sie jedenfalls nicht. Nach wie vor müssen die Kläger nachweisen, dass sie die Aktien wegen der falschen Ad-hoc-Mitteilung gekauft haben. Und daran sind die meisten Klagen auf Schadensersatz bislang gescheitert.

Die Richter stellten jetzt lediglich fest, dass eine große zeitliche Nähe ein Indiz für den Zusammenhang zwischen der falschen Meldung und der Kaufentscheidung sein kann. Allgemein gültige Regeln wollten sie aber nicht aufstellen.

Ein Grundsatzurteil ist diese Entscheidung nicht. Umso wichtiger ist, dass der Gesetzgeber endlich vorankommt mit seinen Plänen für einen besseren Anlegerschutz.

Nach der Sommerpause will Finanzminister Hans Eichel einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem Vorstände künftig persönlich für vorsätzlich und grob fahrlässig falsche Mitteilungen haften. Eine Regelung, die hoffentlich endlich Klarheit bringt - für viele Aktionäre kommt sie aber leider ein paar Jahre zu spät.

© SZ vom 20.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: