Manager:Eine entzauberte Kaste

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Für Deutschlands Vorstände werden die Zeiten härter. Ausländische Investoren setzen zunehmend ihre Interessen durch, sofern ihr Aktienanteil ihnen die dazu nötige Machtfülle gibt.

Von Karl-Heinz Büschemann

Bei der Deutschen Börse AG müssen Chef und Aufsichtsratsvorsitzender gehen, weil ihre Strategie den Eigentümern nicht passte. Beim Maschinen- und Anlagenbauer IWKA tritt der Chef zurück, weil den ausländischen Fonds-Aktionären die Gewinn- und Aktienkurs-Entwicklung nicht reicht.

Ausländische Großaktionäre - meist angelsächsischer Herkunft - machen den Managern das Leben schwer, und oft heißt es, die bösen Fonds bemächtigten sich eingesessener Unternehmen, um sie auszuschlachten, Reibach zu machen und möglichst viele Jobs zu vernichten.

Dabei wird schnell übersehen, dass es einen Grund gibt für die Übernahme der Macht durch Investoren aus dem In- wie Ausland. Meist sind es gravierende Managementfehler. Einige Unternehmen geben Anlass zu der Vermutung, dass die Leistung von Managern in diesem Land sträflich überschätzt wird. Die aggressiven Fonds tragen zur Entzauberung der Herren in Nadelstreifen bei.

Managementfehler

Im Jahr 1997 verkündeten die Chefs von Hypo-Bank und Vereinsbank die Fusion der beiden bayerischen Geldhäuser. Hohe Renditen und die wachsende Bedeutung des neuen Instituts wurde vorausgesagt.

Einer, Albrecht Schmidt, ist noch heute als Chef des Aufsichtsrats der neuen HypoVereinsbank (HVB) in verantwortlicher Position. Die danach folgenden jahrelangen und öffentlich ausgetragenen Kräche im Management sowie immer neue Horror-Verluste im Immobiliengeschäft zeigen aber, dass diese Fusion ein Fehlschlag war und dazu beitrug, dass die weiß-blaue Bank demnächst nur noch die Filiale eines italienischen Geldhauses ist, das als ausgesprochen gut geführt gilt.

Wer am Tag der Ankündigung vor acht Jahren sein Geld in Aktien der neuen HVB steckte, hat bis heute 40 Prozent seines Vermögens verloren. Eine Anlage bei der Deutschen Bank hätte in dieser Zeit knapp 20 Prozent Gewinn gebracht. So gibt es nur Verlierer: Den Kunden kam das Vertrauen in die zweitgrößte deutsche Bank abhanden, die Aktionäre erlitten schmerzhafte Verluste und Tausende Beschäftigte verloren ihre Arbeitsplätze trotzdem.

Probleme auch bei Siemens

Neuerdings macht auch Siemens wenig rühmliche Schlagzeilen. Erst presst der Elektroriese den deutschen Beschäftigten seiner Handy-Sparte harte Konzessionen ab und behauptet, man könne in Deutschland durchaus Mobiltelefone herstellen, wenn die Arbeitskosten stimmten.

Dann verkündet das Unternehmen, sich doch von der Verlust-Sparte trennen zu wollen, die unter einer Reihe von Fehlleistungen der Führung leidet. Den Verkauf aber bewerkstelligt der Weltkonzern so wenig fachmännisch, dass erst einmal blamable Meldungen über das Scheitern der Trennung in den Zeitungen stehen, bevor nach langem Gewürge jetzt doch noch ein Abnehmer in Asien aufgetrieben wurde. Offenbar sind manche Konzerne weit weniger professionell als ihre Aktionäre ahnen.

Seit Jahren staunt die Öffentlichkeit über die Dauerkrise beim Chip-Hersteller Infineon und sie wundert sich darüber, dass der Autohersteller Mercedes unter zuvor bei der Traditionsmarke unbekannten Qualitätsproblemen leidet, während der Konkurrent BMW für goldgeränderte Bilanzen sorgt.

Bei VW waren die negativen Schlagzeilen dicker als früher, bis Anfang des Jahres ein ausgesprochener Sanierer in den Vorstand kam. Mit angehaltenem Atem schaut das Publikum zu, wie sich die deutschen Banken - bis auf die "Deutsche" - zur Randerscheinung in Europa schrumpfen, wie sich die heimische Chemie-Industrie - die Ausnahme ist BASF - aus der Weltbedeutung manövriert hat.

Nicht im internationalen Standard

Daran sind nicht allein die hohen Arbeitskosten und die Zwänge des Arbeitsmarktes schuld. Hier fehlt es an der Qualität im Führungspersonal, das offenbar vom internationalen Standard noch entfernt ist.

Lange Zeit galten Manager in Deutschland als Halbgötter in Dunkelblau. Es war normal, dass die zurückgezogen agierenden Herren gut verdienten. Nach ihrer Leistung wurde zu wenig gefragt. Wenn die Ergebnisse nicht stimmten, ließen sich Aufsichtsräte, die oft Freundeskreise aus nahestehenden Unternehmen waren, von Versprechungen auf spätere Besserung vertrösten oder auch mit der Begründung abspeisen, die Konjunktur sei halt schlecht gewesen.

Dass sich diese Gewohnheit ändert, zeigt sich an der wachsenden Nervosität in Traditionsunternehmen wie Linde oder MAN. Deren Chefs machen sich zunehmend Sorgen, zum Opfer profitgieriger Investoren zu werden.

Shareholde-Value im Vordergrund

Es muss kein Schaden sein, wenn sich in den Zeiten der Globalisierung und des verstärkten Shareholder-Value-Denkens in Deutschland der Druck auf die Führungskräfte verstärkt und wenn nun auch den Top-Entscheidern bewusst wird, was die kleinen Arbeitnehmer schon lange wissen: Wer mehr kostet als er leistet, läuft Gefahr seinen Job zu verlieren.

Ein Ärgernis bleibt allerdings, dass Nieten in Nadelstreifen finanziell bestens gepolstert nach Hause geschickt werden. Und noch ärgerlicher ist, dass viele der wegen mangelnder Leistung an die Luft gesetzten Top-Manager nach kurzer Zeit bei anderen Unternehmen ihre schwache Leistung zu hohen Gagen fortsetzen dürfen.

© SZ vom 07.06.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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