Lufthansa:Passagiere beginnen den Streik zu spüren

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Die ersten Auslandsflüge fallen aus - und durch jeden Streiktag verliert die Lufthansa fünf Millionen Euro, schätzen Analysten. Das könnte auch die Aktionäre beunruhigen.

Fluggäste haben am Dienstag zum ersten Mal die Auswirkungen des Lufthansa-Streiks zu spüren bekommen. Deutschlands größte Fluggesellschaft musste 70 Flüge auf Strecken innerhalb Deutschlands und Europas streichen, weil viele Maschinen nicht gewartet wurden, sagte ein Unternehmenssprecher am Dienstag in Frankfurt am Main.

Wartende Lufthansa-Passagiere in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: Reuters)

Kurzstreckenflüge werden gestrichen

Um die Auswirkungen für die Passagiere gering zu halten, habe die Airline aber Strecken ausgewählt, die mehrmals täglich angeflogen werden. Die betroffenen Passagiere wurden auf andere Maschinen umgebucht.

Die Gewerkschaft Verdi weitete den Streik des Boden- und Kabinenpersonals der Lufthansa auf weitere deutsche Flughäfen aus. Betroffen waren unter anderem Nürnberg und Stuttgart sowie Berlin-Schönefeld und Tegel.

Ab Mittwoch müssen sich auch Langstreckenpassagiere auf Einschränkungen durch die Streiks des Boden- und Kabinenpersonals einstellen. Voraussichtlich würden insgesamt acht Interkontinentalflüge ausfallen, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit. Betroffen seien zwei Strecken in die USA (Chicago, New York), ein Flug nach Calgary in Kanada und einer nach Kalkutta in Indien sowie die jeweiligen Rückflüge. Zu allen vier Zielen könnten Passagiere aber auf Flüge von Lufthansa-Partnern umgebucht werden.

Vor allem Ausstand der Techniker ist problematisch

"Die insgesamt 70 gestrichenen Flüge machen aber nur drei Prozent unseres Tagesprogramms aus", sagte der Lufthansa-Sprecher. Die Auswirkungen auf die Passagiere hätten sich insgesamt in Grenzen gehalten.

Auch am Mittwoch dürfte es zu Ausfällen kommen: Lufthansa rechnet mit rund 78 Kurzstreckenflüge auf innerdeutschen und innereuropäischen Strecken.

Die Lufthansa-Technik gilt als besonders anfällig für den Streik, weil der Organisationsgrad der Gewerkschaft dort nach eigenen Angaben mit rund 50 Prozent besonders hoch ist. Ein Verdi-Sprecher sagte, die Lufthansa komme am zweiten Tag des Streiks vor allem wegen des Ausstands der Techniker in Bedrängnis.

Dennoch sei es der Airline gelungen, den größten Teil ihrer Verbindungen ohne Verspätungen abzuwickeln, sagte der Lufthansa-Sprecher. Von den Flugausfällen seien insbesondere innerdeutsche Verbindungen betroffen gewesen zwischen dem Drehkreuz Frankfurt am Main und den Flughäfen Hamburg, Düsseldorf, München, Berlin-Schönefeld und Berlin-Tegel.

Auf den ausländischen Strecken seien Flüge nach Paris-Charles de Gaulle, Brüssel, Wien, Genf und Turin gestrichen worden. Bis zum frühen Nachmittag habe die Airline jedoch 900 ihrer täglich rund 1900 Flüge ohne Probleme abwickeln können.

In drei Tagen soll der Streik Wirkung zeigen

In den kommenden Tagen könnte sich die Situation nach Einschätzung der Gewerkschaft verschärfen. Der Konzern habe Flugzeuge teilweise vorab warten lassen, um die Auswirkungen des Arbeitskampfes abzufedern. "Nicht erfolgte Wartungen werden sich dann morgen und übermorgen insbesondere im Bereich der Technik auswirken", sagte der Verdi-Beauftragte für das Kabinenpersonal, Mirco Vorwerk. Bislang sei die Gewerkschaft mit dem Ausstand zufrieden. "Wir haben sehr viel Zuspruch von unseren Kolleginnen und Kollegen in allen Geschäftsfeldern", sagte Vorwerk.

Der Arbeitskampf könnten neben den Passagieren auch die Aktionäre zu spüren bekommen. "Je länger der Streik dauert und je mehr Flüge ausfallen, desto mehr wird sich das auf die Aktie negativ auswirken", sagte ein Händler. Nach Einschätzung von Analysten kostet ein Streiktag den Konzern rund fünf Millionen Euro.

"Wir streiken nicht für eine Einladung zum Kaffeetrinken"

Mit Blick auf die gescheiterten Tarifverhandlungen forderte die Lufthansa Verdi erneut auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass Verdi nicht verhandlungsbereit ist", sagte der Lufthansa-Sprecher. Der Konzern habe mit einer zweistufigen Lohnerhöhung von insgesamt 6,7 Prozent und einer Einmalzahlung ein Angebot vorgelegt, "das sich sehen lassen kann".

Verdi wies den Appell zurück und hielt an der geforderten Lohnerhöhung von 9,8 Prozent fest. "Wir streiken für ein besseres Angebot und nicht für eine Einladung zum Kaffeetrinken", sagte der Verdi-Sprecher. Wenn die Lufthansa neue Gespräche wolle, müsse sie ihr Angebot nochmals nachbessern.

Der Verdi-Sprecher sagte, die Lufthansa bediene mit rund der Hälfte ihrer Wartungskapazitäten andere Fluggesellschaften. Airlines aus den USA oder Kanada brächten schon eigene Techniker mit nach Deutschland. Die Kosten dafür würden sie der Lufthansa in Rechnung stellen.

Auch verschiedene deutsche Airlines haben Wartungsverträge mit der Lufthansa abgeschlossen. Die Lufthansa-Tochter Germanwings blieb eigenen Angaben zufolge vom Streik bei der Muttergesellschaft bislang verschont. Tuifly lässt eigene Techniker an Bord der Flugzeuge mitfliegen. Beim Ferienflieger Condor kam es wegen Wartungsarbeiten bei der Lufthansa bislang zu wenigen Verspätungen. Air Berlin griff nach eigenen Angaben bislang nur in Einzelfällen auf eigene Techniker zurück.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/jkr/mel/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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