Lohnnebenkosten:Arbeitskosten legen moderat zu

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Die schlechte Nachricht zuerst: Arbeit in Deutschland bleibt teuer. Und nun die gute Nachricht: Die Arbeitskosten steigen in der Bundesrepublik weniger stark als in anderen EU-Ländern.

Die Arbeitskosten in Deutschland sind im vergangenen Jahr so wenig gestiegen wie in keinem anderen EU-Land. Die Arbeitsstunde kostete in der Privatwirtschaft im Schnitt 29,10 Euro und damit ein Prozent mehr als 2006, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. In den anderen EU-Staaten lag der Anstieg zwischen 1,2 Prozent in Malta und 30,4 Prozent in Rumänien. Im laufenden Jahr dürften die Arbeitskosten angesichts zuletzt deutlich höherer Tarifabschlüsse Experten zufolge jedoch wieder stärker anziehen.

Deutschland lag bei den absoluten Kosten auf dem siebten Platz und fiel damit im Vergleich zu 2006 um einen Rang zurück. Am teuersten war die Arbeitsstunde in Dänemark, wo Arbeitgeber 35 Euro zahlen müssen. Das niedrigste Niveau hatte Bulgarien mit 2,10 Euro.

Moderater Anstieg nötig

Im Verarbeitenden Gewerbe, das besonders im internationalen Wettbewerb steht, lag Deutschland mit Kosten von 33 Euro je Stunde im EU-Vergleich auf dem vierten Platz hinter Dänemark, Schweden und Belgien. Auch hier war aber der Anstieg hierzulande mit 1,2 Prozent am geringsten. "In der Industrie sind wir immer noch in der Spitzengruppe, hier war es bitter nötig, dass wir einen moderaten Anstieg der Kosten hatten", sagte Christoph Schröder, Arbeitskosten-Experte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Das habe die Chancen der deutschen Unternehmen gestärkt, sich im Wettbewerb zu behaupten. Auch der jüngste Beschäftigungsaufbau sei unter anderem auf die gemäßigten Steigerungen der Lohnkosten zurückzuführen.

Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts IMK, bezifferte den erwarteten Anstieg für 2008 auf zwei Prozent. Dennoch werde Deutschland wohl weiterhin an Wettbewerbsfähigkeit dazugewinnen, weil die Zuwächse in den anderen EU-Staaten höher ausfielen, sagte er.

Relativ günstig kommen die Arbeitgeber in Deutschland im EU-Vergleich offiziellen Angaben zufolge bei den Lohnnebenkosten weg - darunter zählen die Sozialbeiträge der Arbeitgeber und die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. Je 100 Euro Bruttolohn fielen 2007 in Deutschland 32 Euro Nebenkosten an - das bedeutet Rang 14 in der Europäischen Union. Am höchsten waren die Zusatzausgaben mit 50 Euro je 100 Euro Bruttolohn in Frankreich und Schweden, am niedrigsten mit zehn Euro in Malta.

Den Großteil der Lohnnebenkosten machen die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber und die Kosten für die betriebliche Altersvorsorge aus.

DGB verteidigt hohe Abschlüsse

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht durch die Zahlen einen Trend zu Lohndumping in Deutschland bestätigt. Der DGB bewertete angesichts der aktuellen Zahlen der Statistiker hohe Lohnabschlüsse wie in der Chemie- und Stahlindustrie als gerechtfertigt.

"Unsere europäischen Nachbarn bezeichnen Deutschland mittlerweile schon als Lohndumping-Land, weil bei uns die Einkommen in den vergangenen Jahren nicht so stark gewachsen sind wie unsere Wirtschaft", sagte DGB-Lohnexperte Hans-Joachim Schabedoth. Dies habe sich günstig auf die Entwicklung der Lohnnebenkosten ausgewirkt. Zudem sei der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung seit 2006 um rund drei Prozentpunkte gesenkt worden. Daneben sei die Produktivität in den Unternehmen gewachsen, was ebenfalls zur Senkung der Lohnnebenkosten beigetragen habe, sagte Schabedoth.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sieht die gemäßigte Entwicklung der Lohnnebenkosten als Ursache für das anhaltende Beschäftigungswachstum in Deutschland. "Ohne die Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmerseite hätten die Unternehmen in den vergangenen Jahren Arbeitsplätze nicht in dem Maße schaffen können, das wir jetzt haben", sagte BDA-Konjunkturexperte Hans-Jürgen Völz. Die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung seien dadurch erst möglich gewesen. Sänken die Lohnkosten weiter, könne die Wirtschaft auf Wachstumskurs bleiben. "Die Lohnnebenkosten sind nach wie vor ein immenser Belastungsfaktor für die Unternehmen", sagte Völz.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/mel/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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