Lohndumping:Wirtschaft läuft Sturm gegen Mindestlöhne

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Arbeitgeber und Wirtschaftsforscher haben vor einer Ausweitung des bisher nur für die Bauwirtschaft geltenden Entsendegesetzes auf weitere Branchen gewarnt.

Die Folge wäre, dass Arbeitsplätze "in erheblichem Umfang aus Deutschland verlagert werden", zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus einem Beschluss des Präsidiums der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Durch tarifliche Mindestlöhne würden die Arbeitskosten sprunghaft steigen und Arbeitsplätze gefährdet. Besonders betroffen wäre der Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern, weil dort die tatsächlich gezahlten Löhne im Schnitt ein Fünftel unter dem Westniveau lägen, warnt der BDA.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, sagte dem Hamburger Abendblatt, er rechne bei der Festschreibung eines gesetzlichen Mindestlohnes oder bei einem auf viele Branchen ausgedehnten Entsendegesetz mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, mehr Schwarzarbeit und weiteren Verlagerungen ins Ausland. Ähnlich äußerten sich der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Karl Brenke, und der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz.

DIHK-Geschäftsführer Wansleben sagte, wenn die Politik gerade auch geringer qualifizierten Beschäftigten eine Chance geben wolle, müsse sie endlich die hohen Lohnzusatzkosten senken - beispielsweise durch die Einführung von Gesundheitsprämien in der Kranken- und Pflegeversicherung. Brenke vom DIW kritisierte gegenüber der Berliner Zeitung die geplante Ausweitung des Entsendegesetzes zum Schutz vor Lohndumping.

Benneter: Debatte bei der SPD noch nicht abgeschlossen

Mindestlöhne bedeuteten für viele Firmen steigende Kosten, sagte er. Dadurch stiegen die Preise für die Verbraucher, die wiederum weniger kaufen würden. Tendenziell vernichte ein solcher Eingriff Arbeitsplätze oder er lasse keine neuen entstehen.

Der Wirtschaftsweise Franz sagte der Zeitung Die Welt, die Maßnahme werde in Deutschland zahlreiche Arbeitsplätze kosten und den Lohnwettbewerb in Europa letztlich nicht verhindern können. Er sprach sich für "Wettbewerb und Qualifizierung statt staatlichem Dirigismus" aus.

Der thüringische SPD-Chef Christoph Matschie sagte der Berliner Zeitung, der gesetzliche Mindestlohn sei erforderlich, weil die Gewerkschaften in Ostdeutschland in vielen Bereichen nicht mehr stark genug seien, um ausreichende Löhne durchzusetzen.

Der Chef der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD, Ottmar Schreiner, forderte in der Berliner Zeitung einen Mindestlohn von 1200 oder 1300 Euro im Monat.

SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sagte dem Blatt, die Debatte über gesetzliche Mindestlöhne sei weder bei der SPD noch bei den Gewerkschaften abgeschlossen. Er selbst favorisiere aber auf Branchen beschränkte Mindestlöhne, die von den Tarifparteien gestützt würden.

Die Bundesregierung will das Entsendegesetz, das bisher nur der Baubranche erlaubt, Tarifabschlüsse für alle Unternehmen verbindlich zu machen, auf andere Sektoren ausdehnen. Matschie schlug statt dessen einen gesetzlichen Mindestlohn zwischen sechs und acht Euro vor.

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